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EU-Umweltstandards erneut unterlaufen: Umweltministerin Schulze plant Fortsetzung einer klimaschädlichen Kühlgeräteentsorgung

Berlin (ots)

Bundesregierung plant neues Geschenk an die Kühlgeräte-Entsorgungswirtschaft in Deutschland - Deutsche Umwelthilfe kritisiert vorliegende Novelle der TA-Luft zur Neuregelung des Kühlgeräterecyclings als weitestgehend wirkungslos - Neue Regeln in der TA-Luft sollen für alte und damit besonders klimaschädliche Entsorgungsanlagen erst nach fünf Jahren in Kraft treten - Vorbildliche europäische Entsorgungsstandards werden nur unvollständig in die TA-Luft aufgenommen - DUH rechnet weiterhin mit vermeidbaren Klimagasemissionen von umgerechnet bis zu einer Million Tonnen CO2 pro Jahr - DUH fordert Bundesumweltministerin Svenja Schulze zur Nachbesserung und vollständigen Übernahme europäischer Qualitätsstandards bei der Kühlgeräteentsorgung in das Elektrogesetz auf

Die Verwertung alter Kühlgeräte in Deutschland ist bereits seit vielen Jahren ein besonders peinliches Beispiel für die desolate Entsorgungssituation ausgedienter Elektrogeräte in Europa. In kaum einem anderen EU-Staat sind die Anforderungen an das Kühlgeräterecycling derart niedrig und die Spielräume zum Betrügen so hoch. Und dabei soll es, geht es nach der Entsorgungswirtschaft und Bundesumweltministerin Schulze, auch bleiben. Das bisherige Regelwerk zum Schadstoffausstoß von industriellen Anlagen - die "Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft" (TA-Luft) - regelt bislang das Kühlgeräterecycling. Die Verwaltungsvorschrift ist allerdings veraltet. Scheunentorgroße 'Interpretations-Spielräume' werden von vielen Entsorgungsunternehmen schamlos ausgenutzt und führen zur massenhaften Freisetzung besonders klimaschädlicher FCKW-Gase in die Atmosphäre. Nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wird die aktuelle Novelle der deutschen Verwaltungsvorschrift TA-Luft die bestehenden Entsorgungsprobleme nicht lösen.

So sieht die Novelle der TA-Luft erst fünf Jahre nach Inkrafttreten eine Verschärfung der aktuellen Regeln für alte und damit besonders bedenkliche Anlagen vor. Damit würden fünf weitere Jahre Klimagase in der Größenordnung mehrerer Millionen Tonnen CO2 unnötig unser Klima belasten. Von den vorbildlichen europäischen Entsorgungsstandards EN 50625-2-3 und CLC/TS 50625-3-4 sollen nur einzelne Punkte in die TA-Luft übernommen werden, während gleichzeitig wichtige Vorschriften ganz wegfallen. Zudem sollen zukünftig lokale Behörden jederzeit weitere Ausnahmen zulassen können.

Um die katastrophale Entsorgungssituation von Kühlgeräten und die unnötige Freisetzung klimaschädlicher FCKW-Gase zu beenden, fordert der Umwelt- und Verbraucherschutzverband, dass die Anforderungen der vorbildlichen europäischen Recyclingstandards EN 50625-2-3 und CLC/TS 50625-3-4 in Deutschland vollständig im Elektrogerätegesetz oder der geplanten Behandlungsverordnung übernommen und von den zuständigen Vollzugsbehörden überwacht werden.

"Mit umgerechnet bis zu einer Million Tonnen CO2 jährlich trägt die derzeit katastrophal schlechte Entsorgung von F-Gasen aus alten Kühlgeräten überproportional zum Klimawandel bei. Wenn Ministerin Svenja Schulze die eigenen Klimaschutzziele bis 2020 ernst nimmt, muss sie die Vorschriften für die Kühlgeräteentsorgung in Deutschland auf ein europäisches Qualitätsniveau heben. Der vom Umweltministerium gewählte Ansatz, das Kühlgeräterecycling mit vielen Ausnahmen nur in einer Verwaltungsvorschrift, der TA-Luft, regeln zu wollen, schreibt weiterhin den Entsorgungsnotstand fest", kritisiert der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Länder wie Frankreich, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Irland, Österreich und die Schweiz sind Vorzeigebeispiele. Sie haben die wirksamen europäische Mindeststandards EN 50625-2-3 und TS 50625-3-4 gesetzlich festgelegt oder über ihre nationalen Rücknahmesysteme verbindlich vorgegeben. "Der deutsche Ansatz, die Standards nur teilweise übernehmen zu wollen, reicht nicht aus. Eine vollständige Übernahme der europäischen Entsorgungsstandards in das Elektrogerätegesetz oder in die geplante Behandlungsverordnung sind zwingend notwendig. Anders wird das gravierende Entsorgungsproblem alter Kühlgeräte nicht gelöst werden", sagt Philipp Sommer, Stellvertretender Leiter Kreislaufwirtschaft bei der DUH.

Im aktuellen Novellierungsentwurf der TA-Luft werden Grenz- und Zielwerte nicht exakt und stringent gemäß europäischer Normenvorgabe übertragen. Im Gegenteil: es werden Spielräume für Restmengen von Klimagasen geschaffen, die in den entnommenen Isolierschäumen enthalten sein dürfen. Das ist aus Sicht der DUH jedoch unverantwortbar und widerspricht geltendem EU-Recht (EU-Richtlinie 2012/19/EU).

Die DUH kritisiert besonders die geplante Zulassung von regionalen Durchschnittswerten als Zielwerte für das tägliche Monitoring. Es gibt keine Hinweise auf Unterschiede in der Kühlgerätezusammensetzung in Deutschland, die eine solche Ausnahme rechtfertigt. Vielmehr wird diese Ausnahme zu einer Zementierung besonders geringer regionaler Entsorgungsansprüche im Kühlgeräterecycling führen.

Der in der Novelle der TA-Luft vorgesehene Test zur Prüfung der Trockenlegung der Kältekreisläufe (Stufe-1-Test) soll unverständlicherweise ohne die Anwendung vorbildlicher Normen ausgeführt werden. Die DUH sieht die Gefahr, dass der in der TA-Luft beschriebene Test keine Aussage über die tatsächliche Leistung zulässt, da bei der Leistungsprüfung der Anlagendurchsatz oder das Typenverhältnis verändert werden kann. Die DUH fordert eine Durchführung und Evaluierung des Stufe-1-Tests exakt nach den Entsorgungsnormen EN 50625-2-3 und CLC/TS 50625-3-4.

Hintergrund:

Knapp die Hälfte der pro Jahr entsorgten rund drei Millionen Alt-Kühlgeräte enthält noch immer stark klimaschädliche Gase in den Kälte- und Treibmitteln, wie Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW). Gelangen diese Gase in die Umwelt, tragen sie signifikant zur Zerstörung der Ozonschicht und Klimaerwärmung bei. Nach Berechnungen der DUH werden bei der Kühlgerätebehandlung in Deutschland jedes Jahr bis zu eine Million Tonnen vermeidbarer CO2-Äquivalente freigesetzt.

Die Europäische Norm EN 50625-2-3 ("Collection, logistics & treatment requirements for WEEE Part 2-3: Treatment requirements for temperature exchange equipment") und die zugehörige Technische Spezifikation TS 50625-3-4 wurden vom Europäischen Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC) entwickelt und entsprechen dem Stand der Technik für eine umweltgerechte Kühlgerätebehandlung.

Links:

Die Stellungnahme der DUH zum Entwurf der TA-Luft, ein Hintergrundpapier zur Kühlgeräteentsorgung auf Deutsch und Englisch sowie weitere Informationen finden Sie unter: http://l.duh.de/kuehlgeraete

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de

Philipp Sommer, Stellvertretender Leiter Kreislaufwirtschaft
030 2400 867-462, sommer@duh.de

DUH-Pressestelle:

Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de

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