Deutsche Umwelthilfe untermauert Klage gegen Nord Stream 2 mit neuen Erkenntnissen zu Klimaschutz und Methan-Leckagen
Berlin (ots)
- Klimawirkung des transportierten Erdgases und extrem klimaschädliche Methan-Leckagen wohl höher als angenommen und bisher nicht ausreichend berücksichtigt
- Beklagtes Bergamt Stralsund und Nord Stream 2 AG verweigern unabhängige Überprüfung der Methan-Leckagen aus Förderung und Verarbeitung des Erdgases
- Deutsche Umwelthilfe möchte gerichtlich klären, ob Bau und Betrieb fossiler Großprojekte mit Klimaschutzrecht vereinbar sind
- Gründung einer Klimaschutz-Stiftung durch Ministerpräsidentin Schwesig entlarvt sich endgültig als staatliches Greenwashing
In ihrer laufenden Klage gegen Nord Stream 2 legt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit einem neuen Schriftsatz dar, warum die Klimawirkung des Gesamtprojektes überprüft werden muss. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass Methan-Emissionen aus der Erdgasförderung unter Umständen bis zu 80 Prozent höher liegen, als bislang angenommen. Nach Auffassung der DUH müssen diese Erkenntnisse zu Methan-Leckagen aus der Förderung, Verarbeitung und dem Transport von Erdgas auch nach Genehmigungserteilung beachtet werden. Die Genehmigung des Bergamtes Stralsund sieht ausdrücklich die Möglichkeit einer nachträglichen Überprüfung vor, sollten neue Erkenntnisse zu Umweltfolgen vorliegen. Mit der Erwiderung antwortet die DUH in dem Verfahren zur Überprüfung der Bau- und Betriebsgenehmigung vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald auf Schriftsätze des Bergamt Stralsunds und der Nord Stream 2 AG.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Wir möchten gerichtlich klären, ob fossile Infrastrukturprojekte dieser Größenordnung mit deutscher und europäischer Klimaschutzgesetzgebung vereinbar sind. Wir sind der Auffassung, dass die europäische Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung Projekte mit solch gravierenden Methan- und CO2-Emissionen schon heute ausschließt. Obwohl Nord Stream 2 das größte fossile Projekt Europas ist, wird die Wirkung der Pipeline auf die Klimakrise nicht ausreichend untersucht. Dabei würden durch die Nutzung des transportierten Erdgases jährlich 100 Millionen Tonnen CO2 entstehen. Hinzu kommen die extrem klimaschädlichen Methan-Emissionen aus Förderung, Verarbeitung und Transport. Diese sind bisher völlig ungeklärt und müssen überprüft werden. Die Versuche von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, Nord Stream 2 als Klimaschutz darzustellen, werden damit endgültig als staatliches Greenwashing entlarvt. Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um die Klimawirkung von Nord Stream 2 aufzuklären. Gefragt ist aber auch die Politik: Wir fordern ein sofortiges und mindestens einjähriges Moratorium für den Weiterbau, in dem Nord Stream 2 und seine Wirkung auf die Klimaziele unabhängig überprüft werden."
Die Klage auf Überprüfung der Genehmigung hat die DUH bereits im August 2020 eingereicht. Die Klage richtet sich gegen das Bergamt Stralsund, das für die Genehmigung von Bau und Betrieb des Pipeline-Abschnitts auf dem Festlandsockel zuständig ist. In dem Verfahren vor dem OVG Greifswald haben das Bergamt Stralsund und die Nord Stream 2 AG eine Untersuchung der Methan-Emissionen abgelehnt und dies unter anderem mit einer Studie begründet, die von der Nord Stream 2 AG selbst in Auftrag gegeben wurde.
Dagegen belegen Daten der Internationalen Energieagentur (IEA), die unter anderem auf Satelliten-Messungen beruhen, dass die globalen Methan-Emissionen der Öl- und Gaswirtschaft um bis zu 80 Prozent höher liegen, als von der Branche angegeben. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), eine nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, kam im vergangenen Jahr in einer Studie zu dem Ergebnis, dass die Methan-Emissionen aus Russland - dem Herkunftsland für das Nord Stream 2-Gas - auf nur wenigen Studien beruhen und verdächtig niedrig seien.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: "Die tatsächliche Klimabilanz des von der Nord Stream 2-Pipeline transportierten Erdgases bleibt im Dunkeln. Die Methan-Emissionen der Erdgasförderung in Russland sind eine Blackbox, unabhängige Daten sind praktisch nicht verfügbar. Gleichzeitig wächst auf Grundlage neuer und unabhängiger Messdaten die Gewissheit, dass die Emissionen der Gaswirtschaft bisher unterschätzt wurden. Es ist unabdingbar, dass dies vor Fertigstellung und Inbetriebnahme des größten fossilen Projektes in Europa überprüft wird. Alle Indizien legen nahe, dass die Klimaschädlichkeit von Nord Stream 2 sogar noch viel höher ist, als ohnehin schon bekannt. Mit unserer Klage möchten wir erreichen, dass das Bergamt Stralsund eine Überprüfung dieser Emissionen anordnet und auf dieser Grundlage die Genehmigung prüft."
Methan ist Hauptbestandteil von Erdgas und rund 90 Mal so klimaschädlich wie CO2. Schon kleinere Leckagen haben deshalb eine große Wirkung auf die Klimabilanz des Erdgases und des Gesamtprojektes.
Links:
- Schriftsatz der DUH von Januar 2021 sowie die Klageschrift von August 2020: http://l.duh.de/p210128
- Mehr Informationen zum Vorgehen der DUH gegen Nord Stream 2: https://www.duh.de/projekte/keine-neuen-leitungen-fuer-fossiles-gas/
Pressekontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz
0160 4334014, zerger@duh.de
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