Deutsche Umwelthilfe verlangt sofortige Maßnahmen, um Gesundheit der Menschen zu schützen auf Basis neuer WHO-Empfehlung für drastisch schärfere Luftschadstoff-Grenzwerte
Berlin (ots)
- Weltgesundheitsorganisation: Grenzwerte unter anderem für Dieselabgasgift Stickstoffdioxid und Feinstaub müssen teils auf ein Viertel reduziert werden
- Studien belegen, dass derzeitige gesetzliche Grenzen viel zu hoch liegen; jährlich zehntausende vorzeitige Todesfälle allein in Deutschland
- DUH fordert Sofortmaßnahmen in Verkehr, Energiewirtschaft und Massentierhaltung sowie die schnellstmögliche Umsetzung und Einhaltung der neuen WHO-Empfehlungen für die Saubere Luft in Deutschland
- DUH-Bundesgeschäftsführer Resch: "Schallende Ohrfeige für Bundesregierung und Verkehrsminister Scheuer, der noch vor zwei Jahren sogar die laxen alten NO2-Grenzwerte abschaffen wollte."
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert von Bundesregierung, Ländern und Kommunen einschneidende Sofortmaßnahmen in Verkehr, Energiewirtschaft und Massentierhaltung zur Reduzierung von gefährlichen Luftschadstoffen. Hintergrund ist die heutige Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Grenzwerte für diese Stoffe drastisch abzusenken. Die DUH verlangt vom Gesetzgeber zudem, die neuen WHO-Werte umgehend in nationales Recht umzusetzen und ihre Einhaltung so schnell wie möglich sicherzustellen und zu überwachen. Das sei zwingend notwendig, um den Bürgerinnen und Bürgern ihr Recht auf Saubere Luft zu gewähren, sie vor schweren Erkrankungen zu schützen und zehntausende vorzeitige Todesfälle jährlich in Deutschland zu verhindern.
Die WHO hat heute nach mehr als 15 Jahren neue Empfehlungen herausgegeben und dringt auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf eine schnelle Reduzierung der Schadstoffe. Die derzeit gesetzlich noch erlaubten Belastungen würden schwere Krankheiten und vorzeitige Todesfälle auslösen. Der Grenzwert für Feinstaub (PM 2,5) müsse demnach halbiert werden (von 10 auf 5 µg/m3 im Jahresmittel), jener für Stickstoffdioxid (NO2) sogar auf ein Viertel der bisherigen Grenze gesenkt (von 40 auf 10 µg/m3 im Jahresmittel). Neu ist zudem die Einführung eines 24-Stundenhöchstwertes von 25 µg/m³ für NO2.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH dazu: "Die neuen WHO-Werte sind eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung und allen voran Verkehrsminister Scheuer, der noch vor zwei Jahren sogar die bislang geltenden, laxen NO2-Grenzwerte abschaffen wollte. Die Festlegungen heute sind die ultimative Warnung, dass sofort gehandelt werden muss für die Saubere Luft. Noch heute muss eine wirkliche Mobilitätswende eingeleitet werden mit unter anderem einer Halbierung der Anzahl der Autos und Verdopplung der Radwege, Holzöfen ohne Filter gehören verboten und die Massentierhaltung muss ökologisch umgebaut werden, damit weniger Ammoniak und damit Feinstaub entsteht. Nur so können Krankheit, Leid und zehntausende vorzeitige Todesfälle verhindert werden. Wir werden diesen Prozess begleiten und mit allen notwendigen Mitteln dafür sorgen, dass die Saubere Luft für Deutschland sichergestellt wird."
Wie dringend notwendig schnelle Schritte zur realen Reduktion sind, zeigen die aktuellen Messwerte aus Deutschland. Bezugnehmend auf die zur Verfügung stehenden Jahresmittelwerte des Jahres 2020, überschreiten derzeit nachweislich mindestens 400 deutsche Gemeinden die neue WHO Empfehlung für Stickstoffdioxid (NO2) von 10 µg/m3 im Jahresmittel, bei Feinstaub (PM2,5) sind es mit Ausnahme von drei Orten alle Gemeinden, die den empfohlenen Grenzwert von 5 µg/m3 im Jahresmittel überschreiten.
"Die Luft in unseren Städten ist nach wie vor zu dreckig. Wie sich das auf die Gesundheit der Menschen auswirkt und welches Leid dies verursacht, kann ich in meiner Praxis täglich sehen. Besonders betroffen sind Kinder, die aufgrund der NO2 Belastung an Asthma erkranken. Laut einer aktuellen Studie sind das etwa 16.600 Neuerkrankungen jedes Jahr allein in Deutschland! Eine weitere Langzeitstudie belegt schwere Erkrankungen wie Asthma, Lungenkrebs und Herz-Kreislauferkrankungen als Folge von Luftschadstoffbelastungen auch unterhalb der WHO Empfehlungen aus 2005 - ganz unabhängig vom Alter. Die neuen Empfehlungen der WHO sind ein Weckruf, ähnlich drängend wie die aktuellen Nachrichten zur Klimakrise und es ist höchste Zeit, endlich zu handeln", betont Norbert Mülleneisen, Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde in Leverkusen.
Hintergrund:
Die letzte Version der Luftqualitätsrichtlinie stammte aus dem Jahr 2005 und wurde nun auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst. Die WHO hat dazu eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien systematisch ausgewertet und Richtwerte abgeleitet, die für politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger als Grundlage dienen soll. Seit 2005 hat sich die wissenschaftliche Evidenz durch zahlreiche Studien zur gesundheitlichen Gefährdung durch Luftschadstoffe deutlich erhöht. Erkenntnisse sowohl zu Kurzzeitwirkungen als auch Langzeitwirkungen dieser Luftschadstoffe haben sich mit der Zeit verdichtet. Daraus lassen sich die deutlichen Verschärfungen der WHO Empfehlungen ableiten.
Entsprechend aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse wurden die bisherigen Grenzwertempfehlungen für die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid (NO2) von 40 auf 10 µg/m3, Feinstaub PM 10 von 20 auf 15 µg/m3 und Feinstaub PM 2,5 10 auf 5 µg/m3 im Jahresmittel sowie für Ozon (O3) mit einem neuen Wert von 60 µg/m3 für die warme Jahreszeit deutlich verschärft.
Neu in der Luftreinhalterichtlinie aufgenommen sind Empfehlungen zu bewährten Verfahren für den Umgang mit bestimmten Arten von Feinstaub wie Ruß (Black Carbon, BC), Ultrafeinstaub (ultrafine particles, UFP) sowie elementarer Kohlenstoff und Partikel aus Sand- und Staubstürmen. Damit setzt die WHO einen Fokus auf das von diesen Stoffen ausgehende hohe Gesundheitsrisiko und den entsprechend dringenden Handlungsbedarf. Zudem verweist die WHO auf die Klimawirksamkeit von Ruß und den Zusammenhang zwischen Luftqualität und Klimawandel generell. Die DUH fordert deshalb, Ruß-Messungen inklusive Messung der Partikelanzahl in das bestehende Messnetz aufzunehmen.
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