Neue Stickoxid-Grenzwertüberschreitung bei Fiat-Wohnmobilen: Deutsche Umwelthilfe erneuert Forderung nach umgehendem Rückruf und Umrüstung
Berlin (ots)
- DUH-Messungen zeigen an zwei Fahrzeugen Überschreitungen des Stickoxid-Grenzwerts um das bis zu 11-fache
- Vorhandene Hardware-Nachrüstungen sind überaus effektiv, wie Messung an einem nachgerüsteten Fahrzeug beweist
- DUH ruft designierten Bundesverkehrsminister Volker Wissing auf, betroffene Fahrzeuge zurückzurufen und Fiat Chrysler zur Verantwortung zu ziehen
Erneut fallen zwei Wohnmobile der Marke Fiat mit extrem hohen Schadstoffemissionen auf. Neueste Messungen des Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zeigen erschreckend hohe Stickoxid (NOx)-Emissionen beim Fiat Ducato 150 Multijet (Weinsberg Caraloft) und Fiat Ducato 130 Multijet (Hobby K60). Beide Fahrzeuge sind nach Euronorm 6b zugelassen. Teilweise überschreiten die Emissionen den gesetzlichen Grenzwert von 125 mg NOx/km um das 11-fache. Dass es aber auch anders geht, beweist ein mit SCR-Katalysator nachgerüsteter Fiat Ducato 130 Multijet (Euro 5), der ebenfalls gemessen wurde. Mit NOx-Emissionen von lediglich 18 mg/km unterschreitet er den Grenzwert von 280 mg/km deutlich.
Die DUH fordert den designierten Bundesverkehrsminister Volker Wissing auf, die Fahrzeuge mit überhöhtem Schadstoffausstoß umgehend zurückzurufen und Hardware-Nachrüstungen anzuordnen. Die DUH hatte das Bundesverkehrsministerium wiederholt auf die hohen Emissionen von Wohnmobilen des Herstellers Fiat hingewiesen, erstmalig im Dezember 2020 mit Messungen an Fahrzeugen der Abgasnorm Euro 5. Die neu gemessenen Fiat Ducato 150 Multijet und Fiat Ducato 130 Multijet erreichten nun Werte von 1.285 mg NOx/km, respektive 1.052 mg NOx/km und überschreiten den geltenden Grenzwert somit um das 11- und 8-fache. Auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte in der Vergangenheit eigene Untersuchungen durchgeführt. Obwohl "hohe Stickoxid-Emissionen aufgrund von Unzulässigkeiten" bei den Fiat Ducato-Modellen schriftlich gegenüber der DUH bestätigt wurden, blieb die Behörde jedoch bisher untätig.
"Es ist fatal in einer Zeit, in der die Wohnmobilbranche durch Corona einen wahrhaften Boom erlebt, dass Fahrzeuge mit so massivem Schadstoffausstoß unterwegs sein dürfen", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. "Der designierte Bundesverkehrsminister Volker Wissing sollte die Fehler seines Vorgängers Andreas Scheuer schnellstmöglich beheben. Das ihm unterstellte KBA bestätigte, dass hier etwas faul ist. Fiat als Lieferant der Basisfahrzeuge hält einen Marktanteil von fast 70 Prozent. Die Kunden der Wohnmobilhersteller investieren hohe Summen in die Anschaffung ihrer Fahrzeuge. Den Betrug zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher und unser aller Gesundheit zuzulassen, ist nicht hinnehmbar. Wir raten daher weiterhin dringend von dem Kauf eines Fiat Ducato Wohnmobils mit einer Abgasnorm Euro 4, 5 oder 6 a-c ab."
Positiv hingegen fiel bei Messungen des EKI ein Fiat Ducato 140 Multijet Sunlight V66 mit Erstzulassung September 2020 auf. Zugelassen nach der Abgasnorm Euro 6 d-temp, emittierte das Fahrzeug im Durchschnitt über alle durchgeführten Messungen 120 mg NOx/km. Sogar bei kaltem Motor wurde mit Emissionen von nur 80 mg NOx/km der Grenzwert deutlich eingehalten. Der wesentliche Unterschied zu den im EKI getesteten Vorläufermodellen: Dieses Modell, das im Rahmen der Typzulassung auch in Straßentests die Einhaltung der Abgaswerte belegen muss, verfügt über einen wirksamen SCR-Katalysator mit Harnstoffeinspritzung.
Neben dem Fiat Ducato 140 Multijet Sunlight V66 fiel auch ein nachgerüsteter 130 Multijet Dethleffs Globebus von Februar 2010, nach Euro 5 Norm zugelassen, als Positivbeispiel auf. Der Wohnwagen emittierte nach einer Nachrüstung mit einem SCR-Kat im Durschnitt nur noch 18 mg NOx/km, was weit unterhalb aller existierenden Grenzwerte liegt.
Dazu Axel Friedrich, Leiter des EKI: "Unsere Messungen zeigen zum einen das skandalöse Vorgehen des Fiat-Chrysler-Konzerns. Die Wohnmobilkäufer werden betrogen und alle Menschen durch die enorm hohen, gesundheitsschädlichen Abgasemissionen gefährdet. Gleichzeitig konnten wir belegen, dass sowohl bei Fahrzeugen mit SCR-Katalysator ab Werk (Euro 6d-temp) als auch nachgerüsteten Vorgängermodellen eine überaus effektive Abgasreinigung möglich ist. Der Einbau eines wirksamen SCR-Katalysators wäre jedoch bereits beim Inverkehrbringen der Euro-5 bis Euro-6c-Fahrzeuge möglich gewesen. Der Fiat-Chrysler-Konzern, mittlerweile der Stellantis Gruppe zugehörig, muss umgehend mit entsprechenden Sanktionen zur Verantwortung gezogen werden und vor allem die Kosten zur Nachrüstung der Fahrzeuge tragen."
Hintergrund
Das EKI hat seit Dezember 2020 insgesamt 7 verschiedene Wohnmobile auf Fiat Ducato-Basis, das heißt Fiat Ducato-Fahrgestelle mit individuellen Wohnmobilaufbauten, untersucht. Der negative Spitzenreiter aller Messungen ist hierbei ein Fiat Ducato 130 Multijet Vany Elegance mit Erstzulassung Juni 2019 und einer Überschreitung des Euro-6b-Grenzwertes mit Faktor 12,2. Der NOx-Grenzwert liegt bei 125 mg/km, das Fahrzeug emittierte im Schnitt der insgesamt 8 Messfahrten 1.520 mg/km. Bei einer Messung mit kaltem Motor wurde sogar ein explosionsartiger Anstieg der Stickoxidemissionen auf 2.377 mg/km gemessen.
Link:
- Die einzelnen Messberichte finden Sie unter: http://l.duh.de/p211208
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsberater, Leiter EKI
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