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Argumente für Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken widerlegt

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Berlin (ots)

Analyse des Öko-Instituts für die Heinrich Böll Stiftung errechnet
   Zusatzerträge für Stromkonzerne von 300 Mio. EURO pro Kraftwerk 
   und Jahr - Deutsche Umwelthilfe erinnert Atommanager an 
   Versprechen  zum „dauerhaften“ Ausstieg aus der Kernkraft
Die im Vorfeld des Energiegipfels der Bundesregierung von
Atomkraftwerksbetreibern, industriellen Energieverbrauchern und
Unionspolitikern verstärkt vorgebrachten Gründe für eine Verlängerung
der Reaktorlaufzeiten sind vorgeschoben. Weder würde die
Strompreisentwicklung gedämpft, noch sind Entlastungseffekte beim
Klimaschutz zu erwarten. Für eine forcierte Energieforschung oder
Entwicklung Erneuerbarer Energien ist die Laufzeitverlängerung eher
kontraproduktiv. Auch die verlängerten Reaktorlaufzeiten von mancher
Seite zugeschriebene „Brückenfunktion“ beim Übergang zu einem
Energiesystem auf Basis Erneuerbarer Energien erweist sich eher als
Fiktion. Eine Laufzeitverlängerung um acht oder gar 15 Jahre würde
den notwendigen klimagerechten Erneuerungsprozess des deutschen
Kraftwerksparks behindern und letztlich den Bau neuer Atomkraftwerke
vorbereiten. Das sind die zentralen Ergebnisse der ersten
wissenschaftlichen Analyse aller in der Öffentlichkeit vorgebrachten
Argumente für den Ausstieg aus dem Atomausstieg, die das
Öko-Instituts im Auftrag der Heinrich Böll Stiftung (hbs)
durchgeführt hat.
„Diese Untersuchung belegt im Detail, wie die Öffentlichkeit bei
der Debatte um Laufzeitverlängerungen hinters Licht geführt wird. Man
spielt mit den Sorgen der Bevölkerung wegen der steigenden
Energiepreise und des Treibhauseffekts. Tatsächlich geht es darum,
den seit dem Desaster von Tschernobyl von einer stabilen
Bevölkerungsmehrheit gewollten Atomausstieg aufzuhalten und letztlich
umzukehren“, sagte Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich Böll Stiftung.
Dabei sei der Ausstieg aus der zivilen Nutzung der Atomkraft
angesichts des wachsenden Risikos eines atomaren Rüstungswettlaufs
umso dringlicher geworden. Die auf die deutsche Debatte gerichtete
Analyse des Öko-Instituts ergänzt die  von der Stiftung
herausgegebene Studie „Mythos Atomkraft. Ein Wegweiser“, die sich mit
der internationalen Entwicklung befasst. In dieser Untersuchung
unterziehen internationale Experten, die Autoren des Öko-Instituts
und die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) die Argumente pro und contra
Kernenergie einer umfassenden Neubewertung.
Felix Chr. Matthes, der Koordinator des Bereichs Energie &
Klimaschutz des Öko-Instituts und Hauptautor der Analyse
„Laufzeitverlängerungen für Kernkraftwerke“ erklärte, im Ergebnis
einer Betriebsverlängerung deutscher Atomkraftwerke würden die heute
schon dominierenden Energiekonzerne E.on, RWE, Vattenfall Europe und
Energie Baden-Württemberg (EnBW) mit Zusatzerträgen in  zweistelliger
Milliarden-höhe weiter gestärkt. Pro Kraftwerksblock und Jahr würden
die AKW-Betreiber im Mittel Zusatzgewinne von etwa 300 Mio. EURO
einfahren. „Die mit dem Ausstiegsfahrplan eröffnete Chance, den in
den vergangenen Jahren vollzogenen Konzentrationsprozess bei der
Stromerzeugung wenigstens in Teilen rückgängig zu machen, wird mit
einer Laufzeitverlängerung leichtfertig vertan. Potenzielle neue
Wettbewerber hätten ohne die Kraftwerkslücke, die mit der Abschaltung
der Atomkraftwerke entsteht, wesentlich schlechtere Möglichkeiten,
auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen“, erklärte Matthes. Alle
öffentlich von den Verfechtern des Weiterbetriebs vorgebrachten
Argumente seien bei näherer Betrachtung „theoretisch und empirisch
schwach fundiert“. Letztlich gehe es auch bei der Debatte über die
Übertragung von Stromkontingenten von neueren auf ältere Meiler
darum, „Milliardengewinne mitzunehmen, den Ausstiegskompromiss
auszuhebeln  und letztlich das Land reif zu machen für den
Wiedereinstieg in die Atomenergie.“
Gerd Rosenkranz, Leiter Politik der Deutschen Umwelthilfe und
Autor des einleitenden Beitrags der hbs-Publikation („Über die
Risiken und Aussichten der Atomenergie“), erinnerte an den Wortlaut
der Atomkonsensvereinbarung vom 14. Juni 2000. Darin hatten sich die
Konzerne verpflichtet, dazu beizutragen „dass der Inhalt dieser
Vereinbarung dauerhaft umgesetzt wird“. Es sei verwunderlich, dass
„führende Unternehmen öffentlich und offensiv den eigenen Wort- und
Vertragsbruch propagieren können, ohne dass eine Aufschrei der
Empörung durch das Land geht“. So habe die rot-grüne Regierung dem
Essener RWE-Konzern im Rahmen des Atomkonsenses die Errichtung einer
auch von unionsgeführten Regierungen in Hessen und Bonn seit 1989
verlangten verbunkerten Notwarte für das Atomkraftwerk Biblis A
erlassen, weil der Altreaktor laut Ausstiegsfahrplan etwa zum
Zeitpunkt der Fertigstellung einer solchen Warte im Jahr 2007 hätte
abgeschaltet werden müssen. Rosenkranz: „Jetzt sagt RWE: April,
April, wir beantragen den Weiterbetrieb - natürlich ohne Notwarte.“
Rosenkranz plädierte für eine umfassende Neubewertung der
Kernenergie. Seit die islamistischen Extremisten um Mohammed Atta im
Vorfeld der Angriffe auf New York und Washington vom 11. September
2001 auch Atomkraftwerke als Ziele in Erwägung gezogen hätten, sei
ein Flugzeugabsturz auf ein Kernkraftwerk nicht länger dem so
genannten „Restrisiko“ zuzurechnen. „Selbst ein fehlgeschlagener
Luftangriff auf ein laufendes Atomkraftwerk irgendwo auf der Welt
würde den Weiterbetrieb dutzender Meiler im selben Moment in Frage
stellen - das ist das Gegenteil der von der Atomwirtschaft
versprochenen Versorgungssicherheit.“
Für Rückfragen:
Ralf Fücks, Heinrich Böll Stiftung, Rosenthaler Str. 40/41, 10178
Berlin, Tel.: 030/28534114, Fax: 030728534109,  fuecks@boell.de
Dr. Felix Chr. Matthes, Koordinator Energie & Klimaschutz,
Öko-Institut, Novalisstraße 10, D-10115 Berlin, Tel. 030-280486-81,
Fax +49-30-280486-88, Mobil: 0171-2864659,  f.matthes@oeko.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH),
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030/258986-15, Fax.:
030/258986-19, Mobil: 01715660577,  rosenkranz@duh.de

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