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Autoindustrie verfehlt Klimaschutzziel

Berlin (ots)

Die Effizienzverpflichtung der Autoindustrie
gegenüber der EU ist endgültig gescheitert - In Deutschland werden 
nach Schweden und Finnland die europaweit größten Spritschlucker 
verkauft - Deutsche Umwelthilfe verlangt angesichts des sich 
beschleunigenden Klimaeffekts und rasant steigender Kraftstoffpreise 
von Autoindustrie und Bundesregierung einen "radikalen Kurswechsel" 
hin zu verbindlichen Höchstverbräuchen.
19. April 2006: Die europäische Automobilindustrie ist im Jahr 
2005 weiter denn je von ihrer Verpflichtung entfernt, den 
Kohlendioxyd-Ausstoß ihrer Pkw-Flotte bis 2008 auf 140 Gramm pro 
Kilometer (g/km) zu senken.  Die durchschnittlichen CO2-Emissionen 
sanken im vergangenen Jahr um lediglich 1,3 % von 162,2 auf 160,0 
g/km. Damit ist die 1998 von den europäischen Autoherstellern 
verbindlich eingegangene Verpflichtung für 2008 endgültig nicht mehr 
zu realisieren.
Nach Schweden und Finnland werden in Deutschland mit einem 
durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 170,7 g/km die europaweit größten 
Spritschlucker verkauft, was vor allem darauf zurückzuführen ist, 
dass die Autokäufer hauptsächlich Pkw aus deutscher Produktion 
bestellen.
"Die alarmierend hohen Spritverbräuche, insbesondere bei 
deutschen Neuwagen, müssen angesichts des rasanten Klimawandels und 
der neuen Ölpreisrekorde nicht nur die Automobilindustrie alarmieren,
sondern auch die Bundesregierung", sagte der Bundesgeschäftsführer 
der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), Jürgen Resch. Resch forderte 
von Politik und Autoherstellern einen "radikalen Kurswechsel", 
nachdem der Versuch europaweit gescheitert sei, Kraftstoffeffizienz 
im Autoverkehr über verminderte Flottenverbräuche zu erreichen. 
Inzwischen habe die Automobilindustrie die verbindliche Vereinbarung 
von 1998 einseitig aufgekündigt. Die Bundesregierung dürfe angesichts
dieser Situation nicht länger den Einflüsterungen der früheren 
Landeswirtschaftsminister Dieter Spöri (jetzt: DaimlerChrysler) und 
Reinhold Kopp (jetzt: VW) Gehör schenken, die unter tätiger Mithilfe 
des Verbands der Automobilindustrie (VDA) versuchten, sich mit 
Taschenspielertricks wie der Anrechnung von Biotreibstoffe aus der 
Effizienzverantwortung zu stehlen. "Der von der Automobilindustrie 
neuerdings auf allen Kanälen propagierte ´integrierte Ansatz´ ist nur
der durchsichtige Versuch, vom Bruch der eigenen Zusage beim 
Kraftstoffverbrauch abzulenken", so Resch.
Die industrielle Entwicklung ökologisch verantwortbarer 
Biokraftstoffe sei vernünftig, sie könne eine wirksame technische 
Minderung des Kraftstoffverbrauchs jedoch nur flankieren, nicht aber 
ersetzen. Die DUH verlangte als neuen Ansatz für eine kalkulierbare 
Kraftstoffminderungsstrategie "ein eindeutiges Bekenntnis der 
Bundesregierung zu  einer gesetzlichen Festlegung von 
Höchstverbräuchen ab 2008 und gegen die Einrechnung von Biosprit in 
die Effizienzbilanz der Autoflotten." Gesetzlich fixierte 
Höchstverbräuche seien in China seit Sommer 2005 in Kraft und in 
Japan bereits beschlossen. In EU-Europa sei eine entsprechende 
Diskussion Ende der 90er Jahre wegen der jetzt aufgekündigten 
Effizienzverpflichtung der europäischen Automobilhersteller 
abgebrochen worden.
Die "European Federation  für Transport and Environment" (T&E), 
ein europaweiter Zusammenschluss von Verkehrs-NGOs 
(www.transportenvironment.org), hatte am Mittwoch auf Basis von Daten
der deutschen "R.L. Polk Marketing Systems GmbH" detaillierte Zahlen 
über die Entwicklung der CO2-Emissionen der europäischen Pkw-Flotte 
im Jahr 2005 veröffentlicht. Darin war das Scheitern des 140 
g/km-Ziels bis 2008 offenbar geworden. Gleichzeitig schossen die 
Rohölpreise nach Ostern auf neue historische Höchststände jenseits 
der 70-Dollar-Grenze für ein Barrel Öl. Die DUH fürchtet einen 
Anstieg auf 100 Dollar und mehr in den kommenden Jahren. Europa 
leidet seit Wochen an neuen "Jahrhundertfluten", die immer mehr 
Wissenschaftler als Folge des globalen Klimawandels einstufen.
Die DUH hatte bereits im vergangenen Herbst die EU-Normverbräuche 
der aktuellen Pkw-Modelle des Jahres 2006 der wichtigsten weltweiten 
Hersteller analysiert. Die für die deutschen Hersteller wenig 
schmeichelhaften Ergebnisse geben Auskunft über die "Modellpolitik" 
der einzelnen Hersteller. VW landet im Durchschnitt aller angebotenen
Modelle bei 202 g CO2/km, BMW erreicht 219 g/km und DaimlerChrysler 
sogar 238 g/km. Der ab 2008 verbindliche, europäische Flottenwert von
140 g/km wird also von den angebotenen Modellen deutscher Unternehmen
um 45 bis fast 70 Prozent überschritten. In Reichweite des EU-Ziels 
liegt allein der japanische Hersteller Daihatsu mit 147 g CO2/km. 
Mittlere Werte erreichen der französische PSA-Konzern 
(Peugeot/Citroen), Suzuki und Renault/Nissan (170 bis 179 g/km).
Als "lächerlich" bezeichnete Resch angesichts der eindeutigen 
Datenlage den am Dienstag vom VDA gegenüber der DUH erhobenen 
Vorwurf, die Umwelthilfe veröffentliche "irreführende und völlig 
unzutreffende Anwürfe". Resch: "Deutsche Automobilhersteller bieten 
immer noch am liebsten PS-Monster und Spritschlucker feil, sie 
brechen als Folge dieser Modellpolitik verbindliche Klimaschutz- und 
Effizienzvereinbarungen. Um das Desaster zu kaschieren, haben die 
Nebelwerfer beim VDA Hochkonjunktur."
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: Mobil.: 0171/ 3649170, Fax.: 0 77 32/ 9995-77, 
E-Mail:  resch@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030/ 25 89 86-15, mobil 0171/ 56 60 577, 
E-Mail:  rosenkranz@duh.de

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