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Föderalismusreform: Neuer Coup gegen Umwelt und Naturschutz in letzter Minute - Deutsche Umwelthilfe: Politik gibt naturschutzrechtliche Eingriffsregelung zum Abschuss frei

Berlin (ots)

Bund und Länder stellen mit weiterer Änderung
Eckpfeiler des Naturschutzes in Deutschland in Frage - 
Regierungsfraktionen sollen nach Ansicht der DUH im Bundestag 
Zustimmung verweigern
Berlin, 23. Juni 2006: Im Rahmen der Nachverhandlungen zur 
Föderalismusreform drohen beim Umwelt- und Naturschutzrecht in 
letzter Minute weitere Verschlechterungen. Auf Betreiben der Mehrheit
der Ministerpräsidenten haben sich Bund und Länder nach Informationen
der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) am Donnerstag darauf 
verständigt, dass die so genannten abweichungsfesten Kerne, das heißt
die Bundesgesetzen vorbehaltenen Bereiche, noch weiter ausgehöhlt 
werden sollen, als bislang im Gesetzentwurf vorgesehen. Konkret ist 
beabsichtigt, dass statt der "Grundsätze des Naturschutzes" nur noch 
die "allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes" vor einer Aufweichung 
durch die Länder sicher sein sollen. "Was klingt wie semantischer 
Kleinkram, bedeutet in der Wirklichkeit, dass die 
naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nun endgültig zum Abschuss 
durch die Länder freigegeben wird", warnte DUH-Bundesgeschäftsführer 
Jürgen Resch.
Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung gilt unter Fachleuten 
als Eckpfeiler und Erfolgsinstrument des deutschen Naturschutzes 
insgesamt. Sie stellt bislang sicher, dass Eingriffe in Natur und 
Landschaft nur zulässig sind, wenn sie anderswo entsprechend 
kompensiert werden. "Die Mehrheit der Ministerpräsidenten wollte 
diese Schutzregelung in der Endphase der Diskussion still und leise 
entsorgen. Natur und Landschaft in Deutschland würden so zur 
Verfügungsmasse für Wirtschaft und Projektträger von 
Infrastrukturmaßnahmen. Skandalös ist, dass öffentlich 
Detailverhandlungen über Verbesserungsmöglichkeiten des defizitären 
Gesetzentwurfs angekündigt wurden, während es hinter verschlossenen 
Türen längst um weitere Änderungen zu Lasten von Umwelt und 
Naturschutz ging", so Resch.
Die Regierungsfraktionen forderte Resch auf, sich bei der 
Abstimmung im Bundestag am 30. Juni entschieden gegen diese Versuche 
der weiteren Aushöhlung des rechtlichen Status Quo zu stellen.  "Die 
Föderalismusreform ist kein Basar, auf dem etwa die Abschaffung der 
so genannten Erforderlichkeitsklausel im Abfallrecht mit einer 
massiven Abwertung des Naturschutzes erkauft werden kann. Leider 
scheinen das aber maßgebliche Politiker genauso zu sehen", sagte 
Resch.
"Bemerkenswert", nannte es die Leiterin Verbraucherschutz und 
Recht bei der DUH, Cornelia Ziehm, "dass viele Ministerpräsidenten 
noch während der Anhörung zur Föderalismusreform schworen, von den in
der Fachwelt kritisierten geplanten Abweichungsrechten gar keinen 
Gebrauch machen zu wollen, mit dem aktuellen Coup nun aber sogar die 
Ausweitung ihrer Spielräume betreiben. So wächst kein Vertrauen in 
die Politik", fügte Ziehm hinzu. Noch bevor die Föderalismusreform in
Kraft getreten sei, zeigten die Ministerpräsidenten, wie Recht alle 
jene hatten, die hinter der Hartnäckigkeit der Länderchefs eine klare
Strategie gegen die erreichten Umwelt- und Naturschutzstandards in 
Deutschland vermuteten. Damit bestätige sich früher als befürchtet 
die politische Regel, dass Konsequenzen von Gesetzesänderungen nicht 
von Beteuerungen beteiligter Politiker abhängen, sondern von den 
Spielräumen, die die Änderungen eröffnen. Ziehm: "Dass bei der 
größten Grundgesetzänderung seit 1949 Sacherfordernisse des Umwelt- 
und Naturschutzes bis zum Schluss systematisch ausgeklammert werden, 
ist ein Armutszeugnis für die Politik."
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. hatte erst in der vergangenen Woche
nach einer Analyse eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes 
des Bundestags darauf hingewiesen, dass die Föderalismusreform in der
geplanten Form voraussichtlich nicht zur Aufhebung der Blockade 
zwischen Bundestag und Bundesrat führen werde. Diese in der 
Öffentlichkeit weit verbreitete Erwartung sei das Ergebnis einer 
"inszenierten Fehlinterpretation" des Bundestags-Gutachtens. (s. PM 
vom 16, Juni 2006 unter www.duh.de) Damit würden entgegen den 
Versprechungen der Politik nicht einmal die Kernziele der Reform 
erreicht.
Für Rückfragen:
Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Hackescher 
Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19, 
Mobil: 0160 5337376, E-Mail:  ziehm@duh.de
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 
Berlin; Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19, E-Mail:  
resch@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178 
Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail:  rosenkranz@duh.de

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