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Sicherheitsmängel im AKW Brunsbüttel gravierender als in Forsmark

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Berlin (ots)

Seit Jahren fordern Experten vergeblich die Anpassung der 
mangelhaften Notstromversorgung des Atomkraftwerks Brunsbüttel an 
moderne Standards - Die Betreiber Vattenfall und Eon verweigern die 
Nachrüstung und fordern gleichzeitig eine Laufzeitverlängerung - 
Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht nach dem Forsmark Störfall 
interne Einzelheiten und verlangt vorzeitige Stilllegung des 
Atomkraftwerks oder eine grundlegende Nachrüstung bis zur regulären 
Abschaltung entsprechend dem Atomausstiegsgesetz
16. August 2006: Unter allen deutschen Atomkraftwerken verfügt der
Siedewasserreaktor Brunsbüttel über das gegen Betriebsstörungen 
anfälligste Sicherheitsleitsystem. Die Notstromversorgung ist auf 
Betriebsstörungen schlechter vorbereitet als der schwedische Reaktor 
in Forsmark, in dem sich am 25. Juli ein schwerer Störfall ereignete.
Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nach dem intensiven Studium
zahlreicher interner Unterlagen der Reaktorsicherheitskommission der 
Bundesregierung, der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit 
(GRS) in Köln, von Technikern des Kraftwerks und der 
schleswig-holsteinischen Aufsichtsbehörde hingewiesen.
Aus Protokollen und Sachverständigen-Gutachten geht hervor, dass 
die deutschen Aufsichtsbehören die Brunsbrüttel-Betreiber Vattenfall 
und Eon seit 2002 vergeblich zu einer grundlegenden Modernisierung 
der Notstromversorgung des Reaktors gedrängt haben. Auslöser waren 
gravierende Mängel in der Sicherheitsleittechnik des Reaktors, die 
erst im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme eines neuen Simulators 
zur Schulung der Betriebsmannschaften erkannt wurden und die zuvor 
über Jahrzehnte niemand bemerkt hatte. Daraus ergab sich, dass 
schwere Störfälle wie jetzt in Forsmark von der komplexen und 
defizitären Sicherheitselektrik in Brunsbüttel möglicherweise nicht 
hätten bewältigt werden können.
"Die Behauptung der Betreiber, ein Störfall wie in Schweden sei in
deutschen Reaktoren nicht möglich, ist definitiv falsch", sagt 
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Möglicherweise würde er im 
Detail anders ablaufen als in Forsmark, aber auf kritische 
Störfall-Situationen ist der Brunsbüttel-Reaktor erkennbar schlechter
vorbereitet als der in Forsmark".
Über die "Planungsfehler in der Notstromversorgung und der 
Steuerung mehrerer Aggregate in den Not- und Nachkühleinrichtungen" 
(so der Titel einer GRS-Ausarbeitung) hatten sich Kraftwerkstechniker
während der Abnahmetests für den Simulator per Fax ausgetauscht. Die 
Faxe, die der DUH vorliegen, geben einen Eindruck vom Ausmaß der 
Verwirrung, die über die über Jahrzehnte unentdeckten Mängel und 
Unstimmigkeiten herrschten. Die GRS stellt in einer 
unveröffentlichten Analyse fest, dass  "die in Brunsbüttel gefundenen
Fehler sowohl bei Störfällen innerhalb der Auslegung als auch bei 
auslegungsüberschreitenden Ereignissen und bei weiteren zusätzlich zu
unterstellenden Fehlern teilweise zu hohen Unverfügbarkeiten im 
Sicherheitssystem hätten führen können und so die Beherrschung der 
Ereignisse gefährdet hätten. Es hat sich zudem herausgestellt, dass 
die zum Teil vor über 20 Jahren vorgenommenen Inbetriebnahmeprüfungen
verborgene Fehler in den komplexen Systemen nicht immer aufgezeigt 
hatten."
Nachdem sich das für die Atomaufsicht zuständige Kieler 
Sozialministerium, mehrere Gutachterorganisationen (TÜV Nord, 
Energiesysteme Nord in Kiel, GRS) und die 
Reaktorsicherheitskommission (RSK) der Bundesregierung in den Jahren 
2002/2003 über Monate in zahlreichen Sitzungen mit den aufgedeckten 
Defiziten in der Sicherheitselektrik des Siedewasserreaktors befasst 
hatten, durfte der Meiler nach einigen Änderungen im Detail wieder 
ans Netz, obwohl sich alle Experten einig waren, dass die 
grundsätzlichen Probleme nicht gelöst waren. Der RSK-Fachausschuss 
´Elektrische Einrichtungen´ kam "zu dem Ergebnis, dass auch nach 
Herstellung des Soll-Zustandes (Erfüllung der sicherheitstechnischen 
Anforderungen) ein Anlagenkonzept im KKB vorliegt, welches 
hinsichtlich einiger Auslegungsmerkmale, z. B. Abstimmung des 
Schaltkonzeptes zwischen Verfahrenstechnik und Energieversorgung, 
Unabhängigkeit der Teilsysteme und Einfachheit der 
Leittechnikfunktionen, nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und 
Technik entspricht." Nicht einmal eine - theoretisch mögliche - 
Nachrüstung mit modernster Leittechnik, urteilte die RSK 
abschließend, könne die Sicherheitsdefizite heilen, weil "dies die 
Defizite im Anlagenkonzept hinsichtlich des Aufbaus der 
Notstromversorgung nicht ausgleicht."
"Selbst dieses vernichtende Urteil hat nicht verhindern können, 
dass der Reaktor Brunsbüttel im März 2003 wieder in Betrieb genommen 
wurde", sagte Gerd Rosenkranz, der Leiter Politik der DUH. Rosenkranz
berichtete, dass über die Übertragbarkeit der Abläufe in Forsmark und
Brunsbüttel im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung auch intern 
noch kein endgültiges Urteil vorliege. Zwar hätten die Gutachter der 
Kieler Aufsichtsbehörde in der vergangenen Woche gegenüber 
Bundesumweltminister Gabriel für die Kraftwerke Brokdorf und Krümmel 
Entwarnung gegeben, nicht aber für Brunsbüttel. Dazu habe bis 
Dienstag dieser Woche eine Stellungnahme des TÜV Nord noch 
ausgestanden. Die Betreiber selbst hätten bezüglich eines offenen 
Punktes ("Auswirkungen zeitgleicher Ausfälle von redundanten 
Wechselrichtern oder Umschaltvorgängen auf das 
unterbrechungsbehaftete Netz")  erklärt, die Beantwortung sei "wegen 
der Kürze der Bearbeitungszeit noch nicht möglich." Rosenkranz: "Das 
ist eine erstaunliche Einlassung, nachdem nach bisheriger offizieller
Lesart Wechselrichter für die Sicherheit in deutschen Atomkraftwerken
gar keine Rolle spielen."
Resch forderte die Reaktorbetreiber Vattenfall und E.on auf, "die 
Diskussion über eine Laufzeitverlängerung für Brunsbüttel und andere 
Altreaktoren in Deutschland sofort einzustellen. Das Kraftwerk 
Brunsbüttel ist auf Störfälle schlechter vorbereitet als der 
Pannenreaktor in Schweden. Die Alternative kann nur sein: 
Umfangreiche Nachrüstung und Stilllegung entsprechend der 
Vereinbarung zum Atomausstieg oder vorzeitige Abschaltung des 
Siedewasserreaktors." Bei normaler Auslastung muss der 
Brunsbüttel-Reaktor entsprechend der Atomausstiegsvereinbarung im 
Jahr 2009 abgeschaltet werden.
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 
Berlin; Tel.: Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19, E-Mail:  
resch@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178 
Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail:  rosenkranz@duh.de

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