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Das Klimakiller-Förderprogramm

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Berlin (ots)

Der Klimapass von Minister Tiefensee setzt einer absurden 
Förderpolitik für Sprit schluckende Geländewagen die Krone auf - Nur 
jeder vierte Luxus-Offroader wird privat gekauft - Wie Autobauer ohne
großes Risiko gegen geltende Verbraucherschutzgesetze verstoßen 
dürfen - Deutsche Umwelthilfe schlägt "ehrliche, 
verbraucherfreundliche und aussagekräftige Energiekennzeichnung" vor.
Der von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) lancierte 
Vorschlag einer an der Nutzlast orientierten Energiekennzeichnung von
Pkw fügt sich nahtlos ein in ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die 
sämtlich zu enormen Zuwachsraten bei den spritdurstigsten Fahrzeugen 
auf deutschen Straßen beitragen. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe 
e. V. (DUH) in Berlin hingewiesen und in diesem Zusammenhang massive 
Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhoben.
"Die von Minister Tiefensee vorangetriebene ökologische 
Reinwaschung schwerer Geländewagen erfüllt den Tatbestand der 
Verbrauchertäuschung", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. 
Im Fall der Realisierung des so genannten Klimapasses würde "ein 
bizarres und weltweit einzigartiges Förderprogramm für schwere 
Klimakiller propagandistisch abgerundet." Dieses Programm umfasse 
neben opulenten Finanzhilfen für die Halter von Fahrzeugen wie VW 
Touareg, BMW X5, Audi Q7 oder Porsche Cayenne auch laschere 
Schadstoffgrenzwerte im Vergleich zu normalen Limousinen. Darüber 
hinaus profitierten die  spritdurstigen Geländewagen  von der 
großzügigen Abstinenz des Staates bei der Kontrolle und Verfolgung 
von Verstößen gegen EU-weit geltende Pflichten zur 
Energieverbrauchskennzeichnung.
Entgegen allen bisher im In- und Ausland diskutierten Modellen für
eine ehrliche und aussagekräftige Kennzeichnung der 
Spritverbrauchs-Effizienz von Fahrzeugen will Bundesverkehrsminister 
Tiefensee die CO2-Emissionen im Verhältnis zur Nutzlast kennzeichnen.
Eine solche in keinem Land der Erde praktizierte Methode würde 
ausgerechnet die schweren Edel-Geländewagen begünstigen und ihnen das
Siegel der Klimaverträglichkeit verleihen. Stattdessen schlägt die 
DUH eine an der Größe (genauer: der Grundfläche) der Fahrzeuge und 
ihrem Kohlendioxid-Ausstoß pro Kilometer orientierte Kennzeichnung 
aller Pkw in Form von Effizienzklassen vor. Optisch solle sie den bei
Haushaltsgroßgeräten (Kühlschränke, Waschmaschinen etc.) seit langem 
eingeführten verbraucherfreundlichen Farbstreifen ähneln (Muster der 
Kennzeichnung unter www.duh.de).
Der Vorschlag ist in den Niederlanden bereits seit Jahren 
realisiert und geht zurück auf ein vom Umweltbundesamt, dem 
Verkehrsclub Deutschland (VCD), der DUH und anderen Umweltverbänden 
seit langem favorisiertes Modell. Er wurde seinerzeit vor allem vom 
früheren Bundeswirtschaftsminister Werner Müller bekämpft und 
letztlich verhindert. Konkret würden Fahrzeuge, die den 
größenabhängigen Mittelwert aller neu zugelassenen Pkw um mehr als 25
Prozent übersteigen in der schlechtesten Effizienzklasse G, alle Pkw,
die ihn um mehr als 25 Prozent unterbieten, in der besten 
Effizienzklasse A landen. Die Effizienzklassen B bis F würden 
entsprechend in 10-Prozent-Schritten einsortiert. Eine 
Dynamisierungsklausel soll nach dem Vorschlag dafür sorgen, dass sich
im Zuge der erhofften Effizienzfortschritte nicht immer mehr 
Fahrzeuge in den besten Effizienzklassen wieder finden.
Als Hauptauslöser für den unter Klimagesichtspunkten fatalen 
Absatzerfolg schwerer Geländewagen in Deutschland nannte Resch die 
enormen Finanzhilfen beim Kauf von Dienst- und Firmenwagen in Höhe 
von bis zu 49 Prozent des Kaufpreises sowie die steuerliche 
Abzugsfähigkeit aller Betriebskosten. Diese würden unabhängig von der
Frage gewährt, ob ein solches Fahrzeug als Firmenwagen Sinn macht 
oder nicht. So subventioniere der Finanzminister den Erwerb eines 
Audi Q7 mit bis zu 34.500 Euro, den eines VW Touareg mit bis zu 
37.500 Euro und den eines voll ausgestatteten Porsche Cayenne mit 
53.200 Euro. Es sei folglich "kein Wunder, dass die so geköderten 
Firmenoberen gerne zugreifen". Nach den Zulassungsdaten des 
Kraftfahrtbundesamtes hat nur noch jeder vierte Edel-Geländewagen 
einen privaten Halter. Bei den besonders PS-starken und damit 
spritdurstigen Modelle ist der Privatanteil zum Teil noch ungleich 
geringer: Porsche Cayenne Turbo (500 PS): private Halter 28%, BMW X5 
(355 PS) 17%, VW Touareg W12 (450 PS) 17% und Mercedes-Benz G55 AMG 
(476PS) ganze 3% private Halter.
"Revierförster in den alpinen Randregionen Südbayerns mögen zu den
wenigen Nutzern von Geländewagen gehören, die solche Fahrzeuge und 
ihre zulässigen Nutzlasten tatsächlich zumindest gelegentlich 
betrieblich einsetzen können", meinte Resch. Die übergroße Mehrheit 
der derzeit 1,2 Millionen Sport Utility Vehicles (SUVs) verursachten 
jedoch im Großstadtverkehr vollkommen unnötig hohe CO2-Emissionen bei
Verbräuchen von um die 20 Liter pro hundert Kilometer. Bei Vollgas 
auf der Autobahn lande der Benzinverbrauch bei absurden Werten von 
bis zu 67 l/100 km (Porsche Cayenne Turbo).
Resch wies auch auf die nahezu unbekannte Tatsache hin, dass 
ausgerechnet den schwersten Geländewagen mit einem zulässigen 
Gesamtgewicht von mehr als 2,5 Tonnen staatlicherseits "Kosten 
mindernde Verschmutzungsprivilegien" gewährt würden. So müssten diese
Fahrzeuge gegenüber normalen Pkw erst mit einem Jahr Verspätung die 
jeweils aktuellen (derzeit Euro 4) EU-Abgasgrenzwerte einhalten. Die 
meist dieselbetriebenen SUVs sorgten wegen ihrer mangelhaften 
Abgasreinigung darüber hinaus für eine überproportionale 
Stickoxidbelastung in den Ballungszentren, die auch die bodennahe 
Ozonbelastung nach oben trieben.
Indirekt unterstützt der Staat den Schneller-Schwerer-Größer-Wahn 
der Autohersteller nach Beobachtung der DUH auch, indem er auf eine 
Kontrolle oder Verfolgung von Verstößen gegen die seit 2004 geltende 
Verbrauchskennzeichnung in Autohäusern und Werbeanzeigen praktisch 
vollständig verzichtet. "Die DUH nimmt als eine Art Vollzugshelferin 
geborene Aufgaben des Staates wahr", sagte Cornelia Ziehm, die 
Leiterin Verbraucherschutz und Recht bei der DUH. "Das ist kaum der 
Sinn europaweit verbindlicher Regelungen". Seit mehr als zwei Jahren 
macht die Umweltorganisation auf Verstöße von Herstellern und 
Händlern gegen die Kennzeichnungspflichten aufmerksam. Zeigen sich 
Hersteller oder Händler als besonders uneinsichtig, wird die 
Einhaltung der Gesetze im Einzelfall auch vor Gericht erstritten. 
"Wir übernehmen nicht nur Aufgaben, die eigentlich der Staat 
erledigen müsste", erläuterte Ziehm. Vielmehr  hätten einige 
Bundesländer sogar bis zum heutigen Tag darauf verzichtet, eine für 
die Überwachung zuständige Behörde überhaupt zu benennen. Und der 
Bund seinerseits unterlasse es, auf die Länder einzuwirken, damit 
diese die zur Umsetzung der bundesgesetzlichen Regeln, in diesem Fall
der Pkw-Kennzeichnungsverordnung, notwendigen Strukturen schaffen. 
Der Rückzug des Staates aus dem Vollzug klimaschutzrelevanter 
Regelungen zeige erneut, dass es beim Klimaschutz in Deutschland 
einen eklatanten Mangel an Umsetzung gebe.
"Das staatliche Handeln und Nicht-Handeln nimmt vor dem 
Hintergrund der aktuellen Klimaschutzdebatte immer groteskere Züge 
an", erklärte Ziehm mit Blick auf die jüngste Initiative Tiefensees. 
Der nicht-zuständige Verkehrsminister presche alle paar Wochen "via 
Interview mit Vorschlägen vor, die niemals ausformuliert werden, die 
die Autohersteller und ihre Lobby erfreuen und gleichzeitig die 
Fachleute ratlos machen." Der für Klimaschutz zuständige 
Umweltminister verfalle in peinlich berührtes Schweigen und der laut 
Geschäftsverteilungsplan der Regierung zuständige Wirtschaftsminister
tue so als hätte er mit all dem nicht das Geringste zu tun. Ziehm: 
"So wünschen wir uns eine Regierung, die immerhin für sich in 
Anspruch nimmt, weltweit den Klimaschutz voranbringen zu wollen."

Pressekontakt:

Für Rückfragen:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Mobil: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19,
E-Mail: resch@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Mobil: 0160 5337376,
E-Mail: ziehm@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Öffentlichkeitsarbeit,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0,
Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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