Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)
Feministische Entwicklungspolitik in der Praxis: Finanzierung muss den Zielen angepasst werden
Hannover (ots)
Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) analysiert Ausgaben der Geberländer für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte weltweit
Weltweit ist jede zweite Schwangerschaft unbeabsichtigt, jede vierte Frau kann nicht selbstbestimmt über ihren Körper entscheiden[1]: Der Einsatz für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRGR) ist essenziell, um Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen.
"Die feministische Entwicklungspolitik, die das Bundesministerium für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) im März 2023 vorstellte, hebt SRGR als Kernelement hervor. Mit dieser Priorisierung von körperlicher Selbstbestimmung und sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte wurde ein wichtiger Meilenstein gelegt", sagt die stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW), Angela Bähr. "Doch muss sich dies nun auch in deren Finanzierung widerspiegeln."
Von Deutschlands Gesamtausgaben für Entwicklungszusammenarbeit flossen bislang nur rund drei Prozent in SRGR-Projekte. Das belegt der von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) vorgestellte "Donors Delivering Report", der den Zeitraum von 2019 bis 2021 analysiert. "Aktuell ist Deutschland bei den Gesamtausgaben für Entwicklungszusammenarbeit mit 0,83 Prozent zwar weltweit zweitgrößter Geber, muss sich nach dem gendertransformativen Paradigmenwechsel in der Entwicklungszusammenarbeit nun allerdings an seinen Ausgaben hinsichtlich SRGR messen lassen", stellt Bähr klar.
Die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt insbesondere für das BMZ stünden nicht nur im diametralen Gegensatz zur proklamierten feministischen Entwicklungspolitik, sie wären auch im Kontext des Ukraine-Krieges, der Postpandemie und der mannigfaltigen Krisen in den Ländern des globalen Südens nicht zu rechtfertigen: "Sexualisierte Gewalt ist anerkanntermaßen eine der schrecklichsten Kriegswaffen", betont Bähr. "Also bedarf es einer Aufstockung der Mittel für die Umsetzung einer feministischen Entwicklungspolitik und nicht der Reduzierung."
Der jährlich herausgegebene "Donors Delivering Report" analysiert und vergleicht die Ausgaben der Geberländer für SRGR anhand der neuesten verfügbaren Zahlen (2021) des Fachausschusses für Entwicklungszusammenarbeit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD DAC). Diese Ausgaben werden in Bezug zu den Mitteln gesetzt, die insgesamt für Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA) ausgegeben wurden, sodass der Bericht Rückschlüsse zulässt, welchen Stellenwert die Länder SRGR beimessen. Im europäischen Vergleich rangiert die Bundesregierung danach im unteren Mittelfeld. An der Spitze stehen die Niederlande und Schweden, die ca. sechs Prozent ihres Entwicklungsbudgets SRGR widmen, dicht gefolgt von Island, Luxemburg und Norwegen mit fünf Prozent. Schlusslichter sind Polen und Griechenland mit knapp 0,1 Prozent.
Konkret fordert die DSW die Bundesregierung und den Bundestag auf, das Budget für die BMZ-Initiative "Selbstbestimmte Familienplanung und reproduktive Gesundheit für alle" auf jährlich 200 Millionen Euro zu verdoppeln und den Beitrag für die Global Financing Facility auf 100 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre zu erhöhen. Zudem müssten die Kürzungen für den Weltbevölkerungsfond der Vereinten Nationen (UNFPA) von rund 10 Millionen Euro zurückgenommen werden.
Weitere Informationen
Deutschland im Europäischen Vergleich (dt)
Grafiken
Deutschlands SRGR-Ausgaben in Prozent
Deutschlands SRGR-Ausgaben in US-Dollar
Über die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)
Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) ist eine international tätige Entwicklungsorganisation mit dem Ziel, das Potenzial der größten Jugendgeneration aller Zeiten zu fördern, um damit zu einer zukunftsfähigen Bevölkerungsentwicklung beizutragen. Sie ermöglicht jungen Menschen in Ostafrika den Zugang zu jugendgerechten Gesundheitsinformationen und modernen Verhütungsmitteln, und setzt sich auch auf politischer Ebene für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ein, insbesondere für junge Frauen und Mädchen. Darüber hinaus arbeiten die Büros in Europa und Ostafrika für die gendergerechte Förderung von Forschung und Innovation zur Bekämpfung armutsassoziierter Krankheiten.
[1] UNFPA - Weltbevölkerungsbericht 2023
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