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Pressestimmen: Hans Blix hält George Bush für aufrichtig

Berlin (ots)

Der frühere UN-Chefinspekteur Hans Blix hat sich im
Interview mit dem Tagesspiegel zur aktuellen Diskussion um die
Beweisführung der USA und Großbritanniens für den Irak-Krieg
geäußert. Nachfolgend erhalten sie eine Nachricht und den Text des
Interviews. Beide Texte sind un-ter Hinweis auf die Quelle zur
Verwendung frei.
Berlin. Der frühere Chefinspekteur Hans Blix hat im Gespräch mit
dem Tagesspiegel be-grüßt, dass US-Präsident George W. Bush die
Verantwortung für die umstrittenen Irak-Passagen in seiner Rede an
die Nation übernommen hat. Er habe nie daran gezweifelt, so Blix
weiter, dass Bush von der Richtigkeit dessen überzeugt war, was er
gesagt habe. Auch US-Außenminister Colin Powell habe seiner Ansicht
nach bei der Beweisführung vor den UN nicht wissentlich gelogen. Er
habe vielmehr auf die Zweifel hingewiesen, die an den Infor-mationen
über mögliche irakische Massenvernichtungswaffen bestanden. Durch die
aktuelle Diskussion über die Zuverlässigkeit der Beweise stehe jedoch
die Glaub-würdigkeit der USA und Großbritanniens auf dem Spiel, sagte
Blix dem Tagesspiegel. Er plädierte für eine "kritische Untersuchung"
der Beweise. Der frühere UN- Chefinspekteur kritisierte, dass
inzwischen nur noch von Programmen zur Herstellung von
Massenvernich-tugnswaffen die Rede sei, vor dem Irak-Krieg dagegen
"wurde behauptet, dass die Waffen tatsächlich existieren".
Interview US-Präsident Bush hat die Verantwortung für die
Irak-Vorwürfe in seiner Rede an die Nation übernommen. Wie bewerten
Sie das? Es ist gut, dass Bush die Verantwortung übernommen hat. Ich
habe nie bezweifelt, dass er von der Richtigkeit dessen überzeugt
war, was er gesagt hat. Wir müssen aber weiter nach der Wahrheit
suchen. Es gibt viele Beweise, die sehr zweifelhaft sind. Die
Inspekteure ha-ben nach der Wahrheit gesucht, und Bushs Regierung
sollte das auch tun. Auch Außenminister Powell ist wegen der
Beweisführung vor den UN in der Kritik. Berührt es Sie, dass er Sie
offenbar angelogen hat? Man kann nicht sagen, dass er gelogen hat. Er
hat bei seinen Ausführungen auch die Zweifel erwähnt. Powell hat sich
wohl so gut er konnte um Zurückhaltung bemüht. Aber die Kräfte in
seiner Regierung waren derart, dass am Ende die Entscheidung für
einen Krieg fiel. Es ist wichtig, dass die Beweise, die er vorgelegt
hat, untersucht werden. Ich habe da-mals gesagt, dass wir nicht
überzeugt waren. Jetzt gibt es vielleicht ein Klima für eine
kriti-schere Untersuchung. Müssen politische Konsequenzen aus den
Vorwürfen gezogen werden? Das müssen die Amerikaner entscheiden. Ich
halte das für sehr unwahrscheinlich. Aber die Glaubwürdigkeit der USA
und Großbritanniens steht auf dem Spiel. Ich zweifle nicht an der
Aufrichtigkeit der Regierungen. Aber die Beweise, auf die sie sich
verließen, werden perma-nent ausgehöhlt. Ich schließe immer noch
nicht aus, dass im Irak Hinweise auf Programme biologischer und
chemischer Waffen gefunden werden könnten, wie Bush sagt. Aber vor
dem Krieg war nicht nur die Rede von Programmen, es wurde behauptet,
dass die Waffen tatsächlich existieren. Wenn Sie die Zeit
zurückdrehen könnten, was würden Sie anders machen? Ich denke nicht,
dass wir etwas falsch gemacht haben. Uns hat aber überrascht, dass
die Amerikaner und Briten so wenig Geduld hatten. Die UN-Resolution
wurde am 8. November angenommen, Mitte März begann bereits der Krieg.
Erst im März jedoch haben wir die Na-men von Zeugen erhalten, die
nach Angaben der Iraker 1991 an der Zerstörung von biolo-gischen und
chemischen Waffen beteiligt waren. Das war eine verpasste Chance.
Warum spielten die Iraker mit den Inspekteuren Versteck, wenn nichts
zu verstecken war? Mit uns haben die Iraker nicht Versteck gespielt.
Wir hatten Zugang zu allen Orten, die wir besuchen wollten. Sie haben
gesagt, sie hätten keine Massenvernichtungswaffen, und viel-leicht
hatten sie wirklich keine. In den 90er Jahren haben sie tatsächlich
Katz und Maus gespielt. Ich habe mich oft gefragt, warum. Eine
mögliche Antwort ist: Stolz. Saddam Hussein empfand das Ganze als
Beleidigung. Deswegen versuchte er, die Inspekteure zu stoppen, wo er
nur konnte. Ein anderer Grund könnte sein, dass es den Irakern ganz
recht war, wenn in der Region alle glaubten, dass sie die Waffen
hätten.Das ist, als würde man ein Schild „Warnung vor dem Hund"
aufstellen, selbst wenn man gar keinen Hund hat. Glauben Sie, dass
die amerikanischen Inspekteure im Irak etwas finden werden? Es sieht
so aus, als ob sie nicht mehr finden als wir: Schutt aus der
Vergangenheit, Bruch-stücke. Ihre Inspektionen dauern inzwischen
länger als unsere. Es könnte sein, dass Bewei-se dafür gefunden
werden, dass die Iraker biologische und chemische Fabriken hatten.
Aber solche Dinge gibt es in vielen Teilen der Welt. Der Unterschied
zwischen einer Fabrik, die Impfstoffe produziert, und einer Fabrik,
die Biowaffen produziert, liegt größtenteils in der Absicht. Es ist
also einfach zu sagen, dass der Irak zur Herstellung von
Massenvernich-tungswaffen fähig gewesen sein könnte. Wir brauchen
aber Beweise dafür, dass es solche Pläne tatsächlich gab. Ich will
das nicht ausschließen. Aber die Geheimdienstinformationen, welche
Bush und Blair suggerierten, dass es die Waffen gab und sie innerhalb
von 45 Mi-nuten eingesetzt werden könnten - die waren nicht korrekt.
Ihre Tagesspiegel-Redaktion
Ulrike Scheffer
Tel. 030-26009-627
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon:030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
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