Der Tagesspiegel: Künast wirft Berliner Senat Versagen in der Wirtschaftspolitik vor
Berlin (ots)
Berlin. Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) hat die Wirtschaftspolitik des rot-roten Senats in Berlin scharf kritisiert und ein klares Profil für die Hauptstadtaufgaben gefordert. Die ehemalige Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus sagte dem Tagesspiegel am Sonntag: "Ich sehe viele Scherben und vermisse Pläne und Zukunftsvisionen." Zur Sparpolitik des Senats fragte sie: "Folgt das einem Plan?" Sie habe den Eindruck, dass immer ins Nichts hinein gespart werde. Das Ausgabenproblem der Stadt sei nur die halbe Wahrheit. "Die andere Hälfte ist: Berlin hat zu wenig Einnahmen." Die Ministerin warf dem Senat unter Führung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) vor, Wachstums- und Wirtschaftspolitik für die Stadt zu vernachlässigen: "Ich sehe eigentlich nichts, was der Senat da unternimmt". Die Schlüsselressorts für mehr Arbeitsplätze - Wissenschaft und Wirtschaft - lägen in der Hand der PDS. "Die entwickeln hier nichts Zukunftsweisendes", und die SPD kümmere sich scheinbar auch nicht darum. In Köln etwa gebe es eine Beratungsstelle für Unternehmen, um EU-Gelder abzuschöpfen. "Das ist doch keine Schande", sagte sie. Künast schlug zudem vor, in Umwelttechnologien zu investieren und die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen auszubauen. "Berlin hat Menschen, die die deutsche und die türkische Sprache beherrschen und beide Kulturen kennen", sagte sie. "Da ist man doch verrückt, wenn man sich nicht fragt: Wie nutzen wir das?"
Um dem Berliner Filz zu entkommen und Korruption einzudämmen, empfiehlt die grüne Politikerin "Großprojekte nur noch gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation Transparency International zu machen". So könnte die Stadt ihr Ansehen verbessern und hätte auch bessere Argumente gegenüber dem Bund und den anderen Bundesländern, wenn es um mehr Geld für die Hauptstadt gehe, meinte Künast. Sie plädierte dafür, dass Berlin "das Gesicht des föderalen Staates werden soll". Das sei etwas ganz anderes als der Ansatz Wowereits. "Ich würde mich jedenfalls nicht hinstellen und sagen: Die anderen Länder müssen endlich einsehen, was sie an uns Berlinerinnen und Berlinern und an ihrer Hauptstadt haben." Stattdessen müsse über ein zustimmungspflichtiges Bundesgesetz geregelt werden, "was klassische Hauptstadtaufgaben sind und wie sie finanziert werden." Ihre eigene politische Zukunft sieht die Verbraucherministerin allerdings nicht in der Berliner Landespolitik. "Ich hab' hier meinen Traumjob gefunden", sagte sie dem Tagesspiegel am Sonntag. Auf die Frage nach den Wahlchancen der rot-grünen Regierung sagte Künast: "Wir leisten gute Regierungsarbeit. Und wir gehen davon aus, dass auch der Koalitionspartner sich darauf vorbereitet, 2006 das Eisen wieder zu reißen."
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel
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