Der Tagesspiegel: Momper und Schabowski sehen Einheit positiv
Berlin (ots)
Eine insgesamt positive Bilanz der deutschen Einheit haben der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Walter Momper, und das ehemalige Politbüro-Mitglied Günter Schabowski gezogen, der am 9. November 1989 die Reisefreiheit für die DDR-Bürger verkündet hatte. "Wir sind doch immer noch ein glückliches Volk", sagte Momper in einem Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntagl. Zwar hätten 40 Jahre in zwei unterschiedlichen Gesellschaften zu ganz anderen Erfahrungen geführt. Aber wann passiere es schon mal, "dass eine Revolution ohne Gewaltakte abläuft". Auch hätte vor 15 Jahren niemand vorausgesagt, dass etwa Polen Mitglied in der EU werden würde.
Schabowski warnte die SPD davor, mit der PDS Koalitionen einzugehen. "Ich sehe in der PDS noch sehr viel von dem Duktus jener Partei, aus der ich stamme." Wenn sich die PDS elastisch gebe, dann sei das nur eine "notgedrungene Zweckanpassung an die Verhältnisse". So aber verhielten sich kommunistische Parteien: In Zeiten der Niederlage verstünden sie es, die Spielräume der Demokratie zu nutzen. Schabowski kritisierte, dass sich die bundesdeutsche Gesellschaft mit diesem Verhalten der PDS zu wenig auseinandersetze. "Das ist die Großmut der Demokratie - oder auch: ihre Erinnerungsschwäche."
Momper und Schabowski kritisierten das jüngst errichtete Mauerdenkmal am Checkpoint Charlie. Er halte nichts davon, sagte Momper. "Es kann die Schrecklichkeit der Mauer nicht zeigen. Ich finde das Denkmal an der Bernauer Straße viel geeigneter. Am Checkpoint - das ist eine Verniedlichung." Schabowski bezweifelte, dass ein Mauermahnmal notwendig sei. Schließlich gehe es ja um den "Irrsinn eines Systems, das nur existieren konnte, wenn es eine Mauer um sich errichtet". Dieser Aspekt aber drohe zu verblassen. Momper kritisierte, dass es heute wieder "einige Schlaumeier" gebe, die sagten: Wir brauchen die Mauer aus touristischen Gründen. Das sei eine ganz traurige Angelegenheit.
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