Der Tagesspiegel: Interview mit Tankred Dorst über seinen "Ring" in Bayreuth 2006
Berlin (ots)
In einem ersten Interview nach seiner Berufung als "Ring"-Regisseur in Bayreuth äußert sich der Dramatiker Tankred Dorst im Berliner "Tagesspiegel" (Ausgabe vom 10. 11. 04) über seine Pläne. "Ich möchte auf keinen Fall eine Verbürgerlichung der Geschichte von Göttern und Halbgöttern. Das hat man - meist weniger genial als Chéreau - schon zu oft gemacht. Ich möchte auch keine Ironisierung oder konventionelle Aktualisierung. Nicht Wotan als Wirtschaftsmagnat. ...Meine Vorstellung ist, die Figuren eher zu vergrößern als zu verkleinern. Die Götter und Halbgötter sollten fremd, fern und mächtig bleiben, so wie uns unser Leben und unsere eigenen Dämonen trotz aller Aufgeklärtheit und technischen Modernität oft fern, fremd und unbeherrschbar erscheinen. Ich kann mir vorstellen, die Wagner-Götter können durch steinerne Wände gehen oder manifestieren sich unversehens in einem Lichtstrahl. Auch eine Welt oder Parallelwelten sind denkbar, in denen der Wagner-Wald zwischen Wolkenkratzern wächst und Spuren der Zivilisation sich mit Natur oder Zitaten der Natur durchmischen." Auch über erste Personalpläne geht es in dem Gespräch: "Das Bühnenbild wird Frank Philipp Schlößmann machen, der schon mit Harry Kupfer oder Andreas Homoki gearbeitet hat. Die Kostüme macht Bernd Skodzig, der in Berlin unter anderem am Deutschen Theater und an der Schaubühne tätig war. Während wir uns diesem Himalaya des Musiktheaters erst annähern, haben wir - zusammen mit dem Dramaturg Norbert Abels von der Frankfurter Oper - schon eine gemeinsame Sprache gefunden und den konzeptionellen Grundriss entwickelt." Mit dem Dirigenten Christian Thielemann, der 2006 den "Ring" in Bayreuth dirigieren wird, habe es "menschlich und professionell sehr angenehme" Gespräche gegeben. "Christian Thielemann hat ja erklärtermaßen einige Vorbehalte gegen das, was ihm als allzu selbstherrliches Regietheater erscheint. Aber hier geht es nur um mein Konzept. Und ich hoffe, von ihm jetzt viel über die Musik und sein besonderes Verständnis des Komponisten Richard Wagner zu lernen."
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