Der Tagesspiegel: Deutsche Bahn plant Expansion im Stadtverkehr
DB-Stadtverkehr-Chef Meyer: Mittel- bis langfristig soll Umsatz um eine Milliarde Euro steigen /Sparmaßnahmen bei S-Bahn Berlin werden geprüft
Berlin (ots)
Die Deutsche Bahn will in den nächsten Jahren stark in den Markt für Stadtverkehr einsteigen. "Wir wissen dass wir Wachstumschancen haben. Der Markt befindet sich im Umbruch", sagte Andreas Meyer, Chef der Bahntochter DB Stadtverkehr, dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe). Hintergrund sind die leeren Kassen vieler Kommunen, die sich deshalb nach Partnern oder Käufern für ihre Verkehrsbetriebe umschauen. Auch in Europa sehe sich die Bahn um. "Wir verfolgen mehr als eine Handvoll internationaler Projekte", sagte Meyer. Insgesamt sei mittel- bis langfristig das Ziel, etwa eine Milliarde Umsatz hinzuzugewinnen.
Zurzeit setzt die Bahn im Stadtverkehr im Jahr 1,7 Milliarden Euro um. In der DB Stadtverkehr hat die Bahn 24 Busgesellschaften, die S- Bahnen Berlin und Hamburg, ihren 40-prozentigen Anteil an der hannoverschen Intalliance und rund 70 weitere Beteiligungen gebündelt. Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom vergangenen Dezember, bei dem schwere Auflagen des Kartellamts für die Intalliance aufgehoben wurden, hat die Kommunen aktiver werden lassen, auch wenn ein endgültiges Urteil in der Sache noch aussteht. "Die Entscheidung hat einige Nachfragen ausgelöst, was man gemeinsam machen kann", sagte Meyer. Doch die Bahn sehe sich nicht unter Zeitdruck. Zum einen werde es wahrscheinlich noch einige Jahre dauern, bis sich eine eindeutig liberale Rechtsauffassung durchsetzen werde. Derzeit gebe es auch nach dem Düsseldorfer Urteil ein Auf und Ab - und Kräfte, die gegen eine Liberalisierung arbeiteten. Zum anderen versuchten internationale Konkurrenten, zurzeit in den deutschen Markt zu drängen. In Hessen würde aktuell ein "Dumpingwettbewerb auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen", an dem sich die Bahn nicht beteiligen wolle, sagte Meyer. Mit der hessischen Landesregierung liefen deshalb schon Gespräche. Aber allgemein gelte: "In den Ausschreibungen holen sich derzeit viele eine blutige Nase. Da verzichten wir lieber einige Zeit auf diese Verkehre."
Sehr erfolgreich liefen die bestehenden Geschäfte. Bei den S-Bahnen Hamburg und Berlin sei die Verkehrsleistung im ersten Quartal 2005 um insgesamt 43 Millionen Personenkilometer gestiegen. Davon steuerte Berlin 17 Millionen bei, sagte Meyer. Problematisch sei aber, dass der Bahn nach dem neuesten Verkehrsvertrag mit dem Land Berlin erhebliche Sanierungsaufgaben auferlegt wurden. Die Folge: Die S-Bahn Berlin bringt der Bahn derzeit Verluste. "Wir loten alle Handlungsspielräume aus", sagte Meyer. Darunter fallen die Zusammenlegung von Instandhaltungswerken, der Einsatz kürzerer Züge in Nebenzeiten und eine Verlängerung der Wartungsintervalle. "Das alles kann natürlich auch Auswirkungen auf Arbeitsplätze haben", sagte Meyer. Heute beschäftigt die S-Bahn Berlin 3750 Menschen.
Interessant wäre in Berlin ein Zusammengehen der S-Bahn mit den Verkehrsbetrieben BVG, sagte Meyer. "Wir stehen zur Verfügung. Aber dafür ist der politische Wille nötig, die große Herausforderung in Berlin konsequent anzugehen und zusammen mit der Bahn einen deutschen Champion mit europäischem Format zu bilden."
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