Der Tagesspiegel: Sachsen-Anhalts Schulminister Olbertz: Diskussion um Gemeinschaftsschule lenkt von Mängeln in der Schule selbst ab
Reaktionen auf Süssmuth-Initiative
Berlin (ots)
Bildungsexperten weisen die Forderung von CDU-Politikerin Rita Süssmuth, das dreigliedrige Schulsystem abzuschaffen, zurück. angeschlossen hat, überwiegend kritisch. Jan-Hendrik Olbertz (parteilos), Schulminister in Sachsen-Anhalt, kann den Ruf nach einer neunjährigen Gemeinschaftsschule nicht nachvollziehen. "Eine neue Runde der leidigen Diskussion um die Schulformen würde uns daran hindern, die gravierenden Mängel in der Schule selbst zu beheben", sagte Olbertz dem Tagesspiegel (Donnerstagsausgabe). Zuerst brauche Deutschland eine veränderte, verbesserte Schule, dann könne man fragen, welche Berechtigung das dreigliedrige System hat. Der Zusammenhang zwischen Schulstruktur und der Benachteiligung von Kindern aus sozial schwachen Familien sei bislang nicht bewiesen. "Dann hätten wir uns in Sachsen-Anhalt angesichts der angespannten sozialen Lage bei Pisa gar nicht so deutlich verbessern können." Olbertz plädiert eine Modernisierung des Unterrichts in allen Schulformen. In Sachsen-Anhalt seien die Lehrpläne auf die Grundkompetenzen Deutsch und Mathematik ausgerichtet worden. Für Olaf Köller, Leiter des Instituts zur Qualitätssicherung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität, kann "eine spätere Differenzierung Vorteile haben". Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder nach der Grundschule in der falschen Schulart landeten, werde dadurch verringert. Wenn die äußere Differenzierung später einsetze, müsse die Binnendifferenzierung verstärkt werden. Und die Lehrerbildung müsse umgestellt werden: Die Studenten müssen lernen, die individuelle Leistungsfähigkeit der Kinder zu erkennen, mit ihrer Heterogenität umzugehen. Die Lehrer-Generation, die jetzt an die Schulen komme, erwarte, in Gymnasien, Realschulen und Hauptschulen vor weitgehend homogenen Schülergruppen zu stehen.
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