Der Tagesspiegel: Zentralrat der Juden erschrocken über starken Anstieg rechtsextremer Kriminalität
Generalsekretär Kramer spricht von "Bankrotterklärung der Jugend-, Sozial- und Familienpolitik"
Berlin (ots)
Berlin - Erschrocken, aber auch verärgert reagiert der Zentralrat der Juden in Deutschland auf den drastischen Anstieg rechtsextremer Straftaten in der Bundesrepublik. "Das ist eine Bankrotterklärung vor allem der Jugend-, Sozial- und Familienpolitik", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan J. Kramer, am Montag dem Tagesspiegel. Die Verantwortlichen versteckten sich oft hinter Polizei und Justiz und kümmerten sich viel zu wenig um die jungen Menschen, "die Zukunftsangst und meist ein gestörtes Verhältnis zu ihrem eigenen Land haben", beklagte Kramer. Die Zahl der rechtsextremen Delikte stieg, wie berichtet, 2005 gegenüber dem Vorjahr um 28 Prozent auf ingesamt 15 360. Auch bei den in der Gesamtzahl enthaltenen Gewalttaten gab es einen starken Zuwachs. 2005 registrierte die Polizei 959 einschlägige Delikte, fast 24 Prozent mehr als 2004. Die Zahlen hatten der Vorsitzende des Innen-Ausschusses des Bundestages, Sebastian Edathy (SPD), und der Tagesspiegel am Wochenende von Sicherheitsexperten erfahren. Kramer forderte die Politiker aller demokratischen Parteien auf, die Arbeit örtlicher Initiativen gegen Rechtsextremismus stärker zu unterstützen und gemeinsam mit ihnen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu überlegen. Gleichzeitig übte der Generalsekretär des Zentralrats scharfe Kritik an den Äußerungen den brandenburgischen Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) zu dem Angriff auf den Deutschafrikaner Ermyas M. in Potsdam. Wenn Schönbohm nicht erkenne, dass es sich um eine rassistische Tat handele, "braucht er dringend Nachhilfeunterricht", sagte Kramer. Schönbohm hatte mehrfach bezweifelt, dass Ermyas M. Opfer eines politisch motivierten Angriffs geworden war. Kramer nahm auch den von Schönbohm heftig kritisierten Generalbundesanwalt Kay Nehm in Schutz. Nehm verdiene "jegliche Anerkennung für das, was er tut". sagte der Generalsekretär. Der Generalbundesanwalt hatte die Ermittlungen schon kurz nach der Potsdamer Tat an sich gezogen.
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