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Der Tagesspiegel: Reaktionen von Künstlern auf die Absage von Orhan Pamuks Deutschlandreise

Berlin (ots)

Für Orhan Pamuk ist die geplante Deutschlandreise
"nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben". Dies habe ihm der 
Schriftsteller mitgeteilt, sagte Michael Krüger, Chef von Pamuks 
deutschem Verlag Hanser dem Tagesspiegel (Donnerstagsausgabe). "Er 
sieht sich im Moment vor allem psychisch nicht in der Lage, die 
Ehrendoktorwürde der FU anzunehmen und eine anschließende Lesereise 
zu absolvieren. Denn er käme nicht umhin, Fragen zum Mord an seinem 
Freund und Kollegen Hrant Dink zu beantworten. Dazu kommt der 
aktuelle türkische Streit um den Paragrafen 301, der die Anklage und 
Verurteilung türkischer Bürger wegen Beleidigung des Türkentums 
erlaubt, und die für Pamuk damit verbundene prekäre Sicherheitslage."
Der Schriftsteller Peter Schneider nennt es einen " bestürzenden 
Vorgang, wenn ein Schriftsteller in Fast-Europa bedroht wird, nur 
weil er die Wahrheit sagt".  Er sage das, so Schneider gegenüber dem 
Tagesspiegel, "auch in Richtung meiner türkischen Kollegen, die sich 
nach dem Nobelpreis hämisch und neidisch über Pamuk geäußert haben, 
als sei ein Krawallmacher ausgezeichnet worden".
Der in Berlin lebende türkische Schriftsteller Zafer Senocak 
appelliert an die Politik. "Die türkische Regierung muss dringend 
handeln, weil der Fall zeigt, dass die Bürger in diesem Land sich 
nicht mehr frei bewegen können. Aber sie ist viel zu schwach, und 
Europa unterstützt die demokratischen Kräfte in der Türkei viel zu 
wenig."  Pamuk, so der Autor gegenüber dem Tagesspiegel, habe "mit 
seiner Absage vielleicht eine größere Diskussion ausgelöst, als wenn 
er gekommen wäre". Gerade Europa müsse sich dieser Diskussion 
stellen. "Viele Türken halten das ständige Hin und Her in der 
EU-Beitrittsfrage für ein falsches Spiel, so bekommen die 
Nationalisten gerade unter jungen Leuten immer mehr Zulauf."
Der ebenfalls in Berlin lebende Schriftsteller Ulrich Peltzer 
erinnert sich im Tagesspiegel an eine Kreuzberger Lesung aus Pamuks 
Texten am Tag der Nobelpreis-Verleihung im Dezember. "Zur 
Vorbereitung hatte ich einen jungen Türken in einem Imbiss in 
Prenzlauer Berg gebeten, mir die Aussprache einiger Stadtteile von 
Istanbul beizubringen. Als ich ihm den Anlass meiner Bitte erklärte, 
schaute er mich mit großen, misstrauischen Augen an und legte seine 
ganze Skepsis in die Worte: Was, Orhan Pamuk? In dieser kurzen 
Begegnung liegt für mich auch das gespaltene Verhältnis der in 
Deutschland lebenden Türken zu ihren konkurrierenden Kulturen."

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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