Forum Moderne Landwirtschaft e.V.
Der Königsweg zur Nachhaltigkeit muss breit genug sein
Zweite Runde
der "Berliner Gespräche zur Nachhaltigkeit" der FNL in Berlin
Bonn (ots)
Ob die heutige Landwirtschaft schon auf dem Weg zur nachhaltigen Entwicklung ist und wie zukünftige Ansätze zur Umsetzung aussehen könnten, war Gegenstand der Podiumsdiskussion "Kultur und Natur - Land(wirt)schaft heute und morgen. Die Veranstaltung der Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft e.V. (FNL) fand am 22. Oktober 2002 in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin statt. Das Podium bestand aus dem bekannten Journalisten Dirk Maxeiner, Stadtbergen, (u.a. Mitautor des Buches "Lexikon der Ökoirrtümer), der Landwirtin Dr. Monika Müller aus Irmtraut, Prof. Dr. Wolfgang Schumacher, dem "Vater" der Ackerrandstreifen vom Institut für Landwirtschaftliche Botanik der Universität Bonn, und dem Träger des Alternativen Nobelpreises und NABU-Vizepräsidenten Prof. Dr. Michael Succow, Greifswald.
Nach der Begrüßung stimmte FNL-Geschäftsführer Dr. Jürgen Fröhling die Teilnehmer durch Kernaussagen zur Nachhaltigkeit auf die Veranstaltung ein. Ausgehend von der allgemein anerkannten Brundtland-Definition stehe der Begriff für die gleichgewichtete Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Interessen heutiger und kommender Generationen. Dies erfordere eine ständige Weiterentwicklung von Produktionsprozessen und die Nutzung des biologisch-technischen Fortschritts. Flexible Reaktionen auf neue Gegebenheiten und die Überprüfung der unterschiedlichen Wege hin zum übergeordneten Ziel wären ebenso entscheidend, so Fröhling weiter. Mit den Verfahren einer integrierten Bewirtschaftung könnten die Ziele nach jetzigem Wissensstand am besten erfüllt werden. Nachhaltigkeit sei aber ein Begriff, der verschiedene Ansätze eine und keineswegs trenne oder ausgrenze.
Dirk Maxeiner unterstrich in diesem Zusammenhang, wie wichtig es sei, Nachhaltigkeit messbar zu machen. Manche der vom Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung vorgelegten Indikatoren seien jedoch zu hinterfragen. Die gleichzeitigen Forderungen nach mindestens 20% Ökolandwirtschaft und einem minimierten Flächenverbrauch passten beispielsweise nicht zusammen. Ein wichtiger Indikator für die Nachhaltigkeit von landwirtschaftlichen Produktionsverfahren ist nach Meinung von Prof. Schumacher die Biodiversität der Pflanzen- und Tierwelt. Diese ließe sich relativ unproblematisch ermitteln. Prof. Succow unterstützte diese Aussage und ergänzte, dass die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen als übergeordnetes Kriterium gelten müsse. Beide Professoren begrüßten daher die aktuellen Agrarumweltprogramme, plädierten aber gleichzeitig für die Vereinheitlichung über Landesgrenzen hinweg und für Ansätze, die möglichst wenig Kontrollaufwand verursachen. Allerdings müsste Nachhaltigkeit für unterschiedliche Standorte unterschiedlich definiert werden. So sei die Biodiversität auf hochertragreichen Ackerbaustandorten naturgemäß nicht so groß wie auf Grenzertragsstandorten in Mittelgebirgslagen.
Landwirtin Monika Müller demonstrierte in beindruckender Weise, dass ihr Berufsstand grundsätzlich eine große Aufgeschlossenheit gegenüber nachhaltigen Produktionstechniken habe. Für ihren Betrieb sieht sie gerade in innovativen Verfahren eine große Chance. Beispielhaft nannte sie den neuen Boxenlaufstall mit Melkkarussell, der wirtschaftlich und tiergerecht und eine große Arbeitserleichterung für sie selbst sei. Die ausschließliche Konzentration auf Althergebrachtes und Traditionen ist für Frau Müller der falsche Weg: für sie zählt vor allem die Weiterentwicklung. Nur so ließe sich beispielsweise auch die soziale Dimension der Nachhaltigkeit angemessen umsetzen. Nur wer innovativ denke und handele, könne Nachwuchs und qualifizierte Arbeitskräfte für die Landwirtschaft gewinnen und damit auch ländliche Räume stabilisieren.
Für die zukünftige Weiterentwicklung nachhaltiger Verfahren ist nach Ansicht der Referenten die "Nachfrage" in der Gesellschaft und damit auch in der Politik, z.B. nach Biodiversität oder Arbeitsqualität, maßgeblich. Prof. Succow forderte, auch die Koppelprodukte der Landbewirtschaftung, wie z.B. die Bildung von Grundwasser, in die Betrachtung einzubeziehen. Dirk Maxeiner kritisierte, dass die Mehrheit der Verbraucher Landwirtschaft nur mit der Qualität von Nahrungsmitteln in Verbindung bringe. So könnten die vielfältigen Leistungen nicht entsprechend gewürdigt werden. Allerdings sei es auch falsch, wenn Bäuerinnen und Bauern für jede kleine Zusatzleistung für die Allgemeinheit "die Hand aufhalten würden". Hier sei eine ausgewogene Diskussion und ein Konsens aller Beteiligten über die Honorierung von Zusatzleistungen herbeizuführen, bestätigte Prof. Schumacher. Abschließend bekräftigten alle Teilnehmer, dass der Weg hin zur Nachhaltigkeit ständig neu ermittelt und geprüft werden müsse. Flexibilität und Innovation seien unverzichtbar und dürften keineswegs eingeschränkt werden. Monika Müller formulierte es sehr treffend: "Die Landwirtschaft wird den Königsweg finden, wenn er nur breit genug ist."
Verantwortlich: Dr. Jürgen Fröhling, Matthias Wiedenau Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft e.V. Konstantinstraße 90 53179 Bonn Tel. 0049-(0)-228-9799334, Fax: 0049-(0)-2289799340 E-Mail: m.wiedenau@fnl.de www.fnl.de
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