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Börsen-Zeitung: Die Kandare der Fed, Kommentar von Bernd Neubacher zur Aktion amerikanischer Großbanken, sich zum kürzlich gesenkten US-Diskontsatz jeweils 500 Mill. Dollar zu leihen

Frankfurt (ots)

Wollen die Pferde nicht saufen, nimmt die
Notenbank sie an die Kandare und führt sie zur Tränke. Anders ist es 
kaum zu interpretieren, wenn sich die vier größten Banken der USA bei
der Federal Reserve zum Diskontsatz jeweils 500 Mill. Dollar leihen -
geschlagene drei Handelstage nach dessen Senkung auf 5,75%. Und ist 
es Zufall, wenn eines der Institute, die Bank of America, zugleich 
dem wankendenHypothekenmarktführer Countrywide mit Milliarden unter 
die Arme greift, oder hat die Fed eine konzertierte Aktion zur 
Rettung des US-Kapitalmarkts eingeleitet?
Fürs Erste ist es der Notenbank wohl um eine Initialzündung beim 
Diskontsatz gegangen. Für eine Citigroup, die eine Bilanzsumme von 
2,2 Bill. Dollar wuppt, haben 500 Mill. Dollar wohl nur symbolische 
Bedeutung, und auch die anderen Häuser können sich andernorts sicher 
günstiger refinanzieren. Aber wenn die erste Riege der US-Banken den 
um 50 Basispunkte über der Fed-Funds-Zielrate liegenden Satz zahlt, 
dann nimmt ihm dies den Charakter des Strafzinses für Institute, die 
nirgends sonst mehr Geld bekommen, und animiert zur Nachahmung. So 
lautet offenbar das Kalkül von Fed-Chef Ben Bernanke. Mit den 
US-Banken und der Deutschen Bank, die sich schon am Freitag Geld zum 
Diskontsatz geliehen hatte, berappen den Aufschlag ja immerhin 
Institute, die mit ihrer Hypotheken-Verbriefungswut ihren Anteil zum 
Subprime-Debakel beigetragen haben.
Folgt man Altkanzler Helmut Kohl, wonach entscheidend ist, was 
hinten herauskommt, kann sich Bernanke auf die Schulter klopfen: Der 
Markt für US-Staatsanleihen scheint sich zu stabilisieren, und im 
Geschäft mit Commercial Papers sinken die Renditen.
Alles in Butter also? Keineswegs: Der Verdacht, Probleme der 
großen Banken hätten die konzertierte Aktion erst notwendig gemacht, 
wird nicht schnell aus der Welt zu schaffen sein. Schlimmer noch: Da 
gerade klamme Institute vor ihren Aktionären kaum verantworten 
wollen, ohne erkennbareNot und ohne Nötigung durch die Fed den 
Diskontsatz genutzt zu haben, könnte ihn die Notenbank bald auf das 
Leitzinsniveau von 5,25% senken. Je öfter aber sie im Markt 
interveniert, umso eher nimmt sie ihm die Chance zur Selbstheilung, 
wertet das Recht zu scheitern ab und leistet dem Glauben Vorschub, 
auch künftig zu Hilfe zu eilen. Marktteilnehmer dürfte dies 
ermutigen, noch höhere Risiken einzugehen. Damit gilt: Nach der Krise
ist vor der Krise.
(Börsen-Zeitung, 24.8.2007)

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