Börsen-Zeitung: U-Turn Kommentar zum 4,8 Mrd. Euro teuren Kauf der französischen Business Objects durch SAP, von Bernd Freytag.
Frankfurt (ots)
Der 4,8 Mrd. Euro teure Kauf der französischen Business Objects ist die größte Übernahme in der Geschichte der SAP und er markiert einen Wendepunkt. Eine "Ergänzungsakquisition" in einer ansonsten intakten organischen Wachsumsstory jedenfalls ist der Großeinkauf gewiss nicht und man braucht eine Menge Chuzpe, um den U-Turn als Fortgang der bisherigen Strategie zu verkaufen.
Wer, wie das SAP-Management, stets erklärte, allenfalls an "Fill-in- Akquisitionen" interessiert zu sein, um das Software-Portfolio abzurunden, wer die Fragen nach dem üppigen Kassenbestand beständig mit dem Hinweis konterte, dies sei in der IT-Industrie üblicherweise benötigtes Vertrauenskapital, wer also genau das Gegenteil vom dem tut, was er angekündigt hat, der schadet sich und seinen Anlegern.
Die Frage, ob der Kauf von Business Objects strategisch sinnvoll ist, tritt dabei genauso in den Hintergrund wie die Frage, ob es nicht grundsätzlich eine gute Nachricht ist, wenn SAP das Kapitel vom allein seligmachenden organischen Wachstum schließt. Die Ankündigungen des Managements bieten fortan allenfalls grobe Hinweise, wohin die Reise geht. Das ist die schlechte Nachricht hinter dem Kauf von Business Objects, und sie könnte die Anleger noch teuer zu stehen kommen.
Strategisch steht der Kauf außer Zweifel. Business Objects, Markführer auf dem schnell wachsenden Feld von Business-Intelligence-Software (BI) - Programme, die aus Datenbanken Informationen für die Unternehmenssteuerung filtern - ergänzt das SAP-Angebot. Ob der Kaufpreis angemessen ist, lässt sich schon nicht mehr so eindeutig beantworten, immerhin bewilligt SAP bei nahezu allen Kennzahlen mehr als der Konkurrent Oracle für den BI-Anbieter Hyperion vor Jahresfrist, aber die Relationen - etwa das Zehnfache der erwarteten Wartungsumsätze - sind vertretbar.
Anlass zur Skepsis bietet die schwache Gewinnausbeute von Business Objects und die fehlende Integrationserfahrung von SAP. Die Walldorfer haben mit dem neuartigen Mittelstandsvertrieb zu kämpfen und bekommen eine weitere Baustelle. Dass Business Objects dabei als eigenständiges "Mitglied der SAP-Gruppe" begrüßt wird, ist auch neu. Ein Softwarekonzern als Verbund unterschiedlicher Lösungen - wie Oracle oder Sage - war es nicht das, was SAP bislang strikt ablehnte?
(Börsen-Zeitung, 9.10.2007)
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