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Börsen-Zeitung: Konsolidierungsphantasma, Kommentar zur Neuordnung des Landesbankensektors von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

So ungefähr stellt sich Klein Moritz
Bankenkonsolidierung vor: Es treffen sich die Ministerpräsidenten, 
plaudern ein wenig miteinander und mit dem Bundesfinanzminister, 
unterschreiben ein Papier, fahren zurück in die Landeshauptstädte, 
sprechen zu ihrem Volk, und fertig ist die neue Megalandesbank. Wer 
die Nachrichten von "Verpflichtungen" der Regierungschefs und von 
einem "politischen Durchbruch" liest und hört, muss den Eindruck 
gewinnen, nicht nur Klein Moritz, sondern auch die Politiker selbst 
seien überzeugt, dass Bankenkonsolidierung genau so und nicht anders 
funktioniere.
Das wahre Leben ist wie immer etwas komplizierter. Wie kompliziert
es speziell in Sachen Landesbanken ist, davon zeugt eine 
jahrzehntelange Geschichte in aller Regel gescheiterter 
Konsolidierungsversuche. Keiner hat die Erfahrungen mit diesem real 
existierenden Föderalismus so genial auf den Punkt gebracht wie 
Bundespräsident Horst Köhler, als er noch Sparkassenpräsident war: 
Zustimmung, wenn Ablehnung sicher. Frei übersetzt: Bei großen 
strategischen Würfen sind im öffentlich-rechtlichen Verbund immer 
alle dafür. Denn sie wissen: Auf dem langen Marsch durch die Gremien 
kommen reichlich Gelegenheiten, ein unliebsames Projekt zu 
torpedieren. Kaum noch zu toppen ist insoweit "die Mutter aller 
Fusionen": 1989 fand der Plan, alle Landesbanken unter dem Dach der 
Deutschen Girozentrale zusammenzuschieben, in der 
Sparkassenorganisation eine Mehrheit von 37 zu 1 Stimmen. Bekanntlich
wurde nichts daraus. Das schöne Vorhaben scheiterte an renitenten 
Landesfürsten.
Solche Beobachtungen prägen fürs Leben und gemahnen zu äußerster 
Zurückhaltung, wenn mal wieder von einem "Durchbruch" die Rede ist. 
Bisher ist die angebliche radikale Neuordnung der Landesbanken nicht 
mehr als ein Konsolidierungsphantasma. Was jetzt in Berlin vereinbart
wurde, müsste von etwa zehn Landesregierungen und Landtagen (von 
denen etliche in den nächsten zwölf Monaten neu gewählt werden) 
beschlossen, mit einer ähnlichen Zahl regionaler Sparkassenverbände 
und mit weiteren Stakeholdern ausgehandelt werden - um hier nur mal 
einige Stolpersteine beispielhaft zu erwähnen. Ganz zu schweigen von 
der EU-Kommission, die gerne bei jeder sich bietenden Gelegenheit 
dazwischenfunkt. Am Schluss wird es sein wie immer: Ablehnung sicher.
Folglich konnten die Ministerpräsidenten gestern leicht zustimmen.

Pressekontakt:

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Redaktion
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de
Telefon: 069--2732-0

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