Börsen-Zeitung: Entschärfung einer Bombe, Kommentar von Christopher Kalbhenn zur Verschärfung des Verbots von Leerverkäufen durch die US-Börsenaufsicht SEC
Frankfurt (ots)
Im Kampf gegen den Missbrauch von Leerverkäufen machen die Regulatoren dies- und jenseits des Atlantiks Ernst. Die US-Börsenaufsicht SEC wandelt das befristete Verbot von nackten bzw. ungedeckten Leerverkäufen in eine permanente Vorschrift um. Das ist gut so, denn diese Transaktionen, bei denen Marktteilnehmer Aktien leerverkaufen, ohne sich ernsthaft um die Beschaffung dieser Papiere zu kümmern, haben die Finanzkrise im Herbst 2008 verschärft.
Marktteilnehmer missbrauchten diese Möglichkeit, um massiv Aktien von Finanzinstituten leerzuverkaufen. Dabei wurde durch gezieltes Streuen von Gerüchten über angebliche Schieflagen nachgeholfen, um das Geschäft noch lukrativer zu machen. Diesem Missbrauch, der die Krise unnötig verschlimmert hat, ist nun definitiv ein Riegel vorgeschoben worden.
Zu begrüßen ist, dass die SEC auch die Ausnahmen von dem Verbot festgeschrieben hat. Nach wie vor dürfen Market Maker, die eine wichtige liquiditätsspendende Funktion ausüben, im Rahmen ihrer Tätigkeit begrenzt ungedeckte Leerverkäufe tätigen. Ein Verbot ohne diese Ausnahmen und mehr noch eine generelle Untersagung, wie sie von Politikern im Herbst 2008 gefordert wurde, hätte nämlich schädliche Folgen für den Markt. Denn er würde eines Absicherungsinstruments beraubt, das zudem eine wichtige Preisbildungsfunktion hat. Eine gänzliche Abschaffung von Leerverkäufen würde andere Risiken schaffen, nämlich eine verschlechterte Liquidität und nach oben gerichtete Preisverzerrungen. Ebenfalls zu begrüßen ist, dass die Börsenaufsicht die Offenlegungspflichten ausweitet.
Auch in der EU machen sich die Aufseher für Offenlegungspflichten bei Aktienleerverkäufen stark. Eine andere Maßnahme, durch die die Leerverkaufsbombe entschärft werden könnte, steht aber noch aus. Es geht um die sogenannte Uptick Rule, die die französische Aufsicht AMF nun auf die Agenda gesetzt hat, während sich die SEC dazu nicht geäußert hat. Diese Regel, nach der Leerverkäufe nur dann getätigt werden dürfen, wenn die letzte vorangegangene Veränderung in einem Aktienkurs nach oben gerichtet war, wurde in den USA während der Deregulierungseuphorie im Jahr 2007 abgeschafft; eine Entscheidung, die sich im Crash vom Herbst 2008 als schwerer Fehler erwiesen hat.
(Börsen-Zeitung, 29.7.2009)
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