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Börsen-Zeitung: Murks & Abenteuer, Kommentar von Walther Becker zum sich wieder belebenden Geschäft mit Fusionen und Übernahmen

Frankfurt (ots)

Voll durchfinanziert soll das Angebot sein, dass
der von Private Equity gehaltene Arzneimittelhersteller Nycomed für 
die Pharma-sparte des belgischen Konzerns Solvay abgegeben hat. So 
wird jedenfalls aus Finanzkreisen kolportiert. Dabei geht es immerhin
um mehr als 4 Mrd. Euro. Sollte Nycomed den Zuschlag erhalten, wäre 
dies die erste Übernahme seit Ausbruch der Finanzkrise, die zu einem 
erheblichen Teil über Ramschanleihen (Junkbonds) finanziert würde. 
Und schon entspinnt sich ein Bieterrennen. Denn auch der US-Konzern 
Abbott findet offenbar wieder Geschmack an dem Pharmageschäft. 
Gleichzeitig läuft der "feindliche" Versuch des 
US-Nahrungsmittel-Multis Kraft, die britische Cadbury zu schlucken. 
Hier geht es um knapp 17 Mrd. Dollar in einem Angebot aus Aktien und 
Cash, das die Amerikaner wohl noch um einiges versüßen müssen.
Die beiden Prozesse zeigen: Im Geschäft mit Fusionen und 
Übernahmen (Mergers & Acquisitions, kurz M&A) gibt es Lichtblicke. 
Jedenfalls aus Sicht der Investmentbanker, die sich auf ein Comeback 
der Gebühren freuen. Die großen Deals kommen zurück, die Pipeline 
füllt sich, die Finanzierung auch großer Deals wird möglich, und 
niedrige Zinsen vergrößern den Appetit der Investoren. Banker 
springen doch nur allzu gerne auf den Zug auf, dem die seit März 
steigenden Börsenbewertungen Dampf machen. Zwar haben die 
Investmentbanken im dritten Quartal rund 13Mrd. Dollar an Gebühren 
eingestrichen, doch bedeutet dies im Jahresvergleich einen Rückgang 
von knapp einem Viertel - das lässt die Banker nicht ruhen, 
schließlich bemessen sich danach ihre Boni.
Für Industrie-Manager ist entscheidend, sich nicht von der 
Euphorie anstecken zu lassen. Investoren stürzen sich auf Anleihen 
und Aktien, als hätte es nie eine Finanzkrise gegeben. Für Zweifel 
ist offenbar kein Platz. Dabei lehrt schon ein Blick in die 
Vergangenheit, dass ein Großteil der Übernahmen und Fusionen nicht 
Werte geschaffen, sondern sie im Gegenteil vernichtet hat: Murks 
eben. Wenn Aktienkurse steigen und Anleiherenditen sinken, ist dies 
ein klares Zeichen dafür, dass zu viel Cash im Umlauf ist. Und die 
Zentralbanken pumpen fleißig zu historisch günstigen Konditionen in 
den Markt. Eigentlich sollen die Mittel über günstige Kredite die 
Konjunktur ankurbeln. Doch wächst die Gefahr dass sie bei steigenden 
Bewertungen in riskantere Anlagen fließen. Und in neuen 
M&A-Abenteuern verbrannt werden.
(Börsen-Zeitung, 25.9.2009)

Pressekontakt:

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