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Börsen-Zeitung: Trauerspiel, Kommentar zum Streit um Thilo Sarrazin von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Dieser Kampf hat nur Verlierer hervorgebracht:
Im eskalierten Streit zwischen Bundesbankchef Axel Weber und dem 
widerspenstigen Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin lassen nicht nur die
Streithähne Federn. Die gesamte Institution steht 
reputationstechnisch ziemlich entblößt da.
Dem ehemaligen Berliner Finanzsenator wurden ordentlich die Flügel
gestutzt. Dem notorisch provokanten Sozialdemokraten, der mit einem 
umstrittenen Interview für Disharmonie im Bundesbankvorstand gesorgt 
und eine schrille Debatte in der Öffentlichkeit angestimmt hatte, 
wurden Teile seiner Zuständigkeiten entzogen. Von einer Entmachtung 
Sarrazins kann aber ebenso wenig die Rede sein wie von einem Sieg 
Webers in dem Zwist. Denn der oberste Währungshüter Deutschlands 
musste deutlich zurückstecken, die Neuordnung der 
Vorstandszuständigkeiten ist nur ein fauler Kompromiss.
Ursprünglich hatte Weber dem spektakelfreudigen Sarrazin den 
Rücktritt nahegelegt - um Schaden von der Institution fernzuhalten. 
Nachdem diese Idee wenig Aussicht auf Erfolg hatte, ruderte Weber 
zurück. Sarrazin sollte, so sickerte durch, zum IT-Chef degradiert 
werden und seine Zuständigkeiten für Bargeld und Risiko-Controlling 
verlieren. Am Ende bleibt Sarrazin aber "Chief Risk Officer" - und 
Webers Image als durchsetzungsstarker Manager ist zumindest 
angekratzt. In seinem Bewerbungsschreiben für die Nachfolge von 
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, der Ende 2011 aus dem Amt 
scheidet, macht sich das nicht gut.
Als wäre der öffentliche Krawall nicht schon genug gewesen, setzte
die Notenbank gestern noch einen drauf: Der Vorstand der Bundesbank 
habe sich in einer Aussprache auf die Grundlagen für eine "weitere 
vertrauensvolle Zusammenarbeit verständigt", ließ man offiziell 
mitteilen. Wer's glaubt, wird vielleicht selig - er wäre aber auch 
reichlich naiv. So fließend können die Grenzen zwischen Peinlichkeit 
und Realsatire offenbar sein.
Der gesamte Bundesbankvorstand hat durch diese Posse viel 
öffentlichen Kredit verspielt. Der Ruf der Behörde ist beschädigt. 
Dass Sarrazin innerhalb weniger Monate für mehr Unterhaltungswert 
sorgte als die Bundesbank in den zurückliegenden 60 Jahren, ist ein 
schwacher Trost. Dieses Theater war alles in allem ein Trauerspiel. 
Und es steht zu befürchten, dass der Vorhang noch nicht gefallen ist.

Pressekontakt:

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Redaktion
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de
Telefon: 069--2732-0

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