Börsen-Zeitung: Fresenius lockert die Bremse, Kommentar von Sabine Wadewitz zur Umwandlung der Fresenius-Vorzugs- in Stammaktien
Frankfurt (ots)
Vor fünf Jahren hat es die Dialyse-Tochter FMC vorgemacht, nun zieht die Muttergesellschaft Fresenius nach und vereinheitlicht ihre Kapitalstruktur. Die Vorzugsaktien sollen in Stammaktien umgewandelt werden. Um den Einfluss der Großaktionärin, der Else Kröner-Fresenius-Stiftung, zu wahren, wird mit dem Schritt der Rechtsformwechsel zur Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) verbunden. Damit stärkt Fresenius ihre Position im Leitindex Dax ganz erheblich.
Anders als einst FMC setzt Fresenius nicht auf eine freiwillige Umtauschaktion bei der Vereinheitlichung der Aktiengattungen, sondern will die Abschaffung der Vorzüge über einen Hauptversammlungsbeschlussbewerkstelligen. Dies ist der Weg, den zum Beispiel auch SAP beschritten hatte. Damit ist gewährleistet, dass - anders als bei FMC - kein leidiger Rest an Vorzugsaktien übrig bleiben kann.
Mit der Umwandlung der Vorzugsaktien rennt Fresenius offene Türen ein. Die stimmrechtslosen Titel, die bei Übernahmeofferten hierzulande auch noch benachteiligt werden, sind ein Relikt aus den Zeiten, als vor allem Familiengesellschafter versuchten, ihren Einfluss zu wahren und gleichzeitig den Kapitalmarkt zu nutzen. Immer mehr Unternehmen schaffen im Sinne derInvestorenforderung"one share, one vote" diese unbeliebte Gattung ab - und auch die riesige Kapitalerhöhung von Volkswagen via Vorzugsaktien wird keine Renaissance dieser Titel auslösen.
Für die außenstehenden Fresenius-Aktionäre hat der Schritt viele Vorteile, denn es steigt nicht nur die Liquidität der Aktie und das Gewicht des Wertes im Dax. Das Unternehmen lockert zudem die Bremse für das externe Wachstum. Zwar steht nach Äußerungen des Vorstands aktuell kein großer Deal bevor, doch Kapitalerhöhungen wären in Zukunft beim Großaktionär an enge Grenzen gestoßen.
Für die neue Beweglichkeit haben die Aktionäre allerdings einen hohen Preis zu zahlen. Mit dem Rechtsformwechsel verlieren sie an Einfluss - der bislang allerdings wegen der Stimmenmehrheit der Großaktionärin auch begrenzt war. Doch das Zugeständnis an die Stiftung, ihr bis zum Abschmelzen auf eine Beteiligung von 10% die Regie zu überlassen, bringt erhebliches Ungleichgewicht in die Aktionärsrechte. Von Proportionalität zwischen Aktienbesitz und Einfluss kann keine Rede mehr sein.
(Börsen-Zeitung, 1.4.2010)
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