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Börsen-Zeitung: Kommentar von Bernd Wittkowski zum Halbjahresergebnis der Commerzbank: Unter Wert

Frankfurt (ots)

Das Vorsteuerergebnis im Halbjahr vervierfacht
und im Quartal weit mehr als verdoppelt, die operative Leistung so
gut wie seit vier Jahren nicht, der Ausblick von Zuversicht geprägt –
früher hätte der Aktienmarkt eine Bank dafür gefeiert. Damals schaute
man auf den Vorjahresvergleich. Es war einmal. Heute geht das so:
Kaum sind die Erwartungen der Analysten unterm Strich erfüllt, setzt
es an der Börse Prügel. Im Fokus steht immer öfter der unsinnige
Vergleich aufeinanderfolgender Zeiträume, aktuell also des zweiten
Quartals mit dem ersten. Und hat das Unternehmen die Latte der
Performance von Januar bis März besonders hoch gelegt, muss diese von
April bis Juni schon deutlich übersprungen werden, um die Investoren
nicht zu enttäuschen. Hat der Markt, der die Commerzbank gestern nach
Vorlage der Quartalszahlen weit überdurchschnittlich herabstufte und
der Aktie gerade mal den 0,75-fachen Buchwert zubilligte, wirklich
immer Recht?
Dass der Verkauf der Santander-Beteiligung das Ergebnis aufpäppeln
würde (dieser steuerfreie Ertrag erklärt die niedrige Steuerquote
unter 30%), kann ja niemanden überrascht haben. Aber zweifellos
finden sich in der Halbzeitbilanz des gelben Geldkonzerns auch
Verbesserungsfähiges, Enttäuschendes und sogar Ärgerliches. Um
jeweils ein Beispiel zu nennen: Dem mittelfristigen Renditeziel, nach
Steuern die Kapitalkosten zu verdienen, kommt die Bank zwar auf
Halbjahresbasis sehr nahe, aber diese Vorgabe zeugt doch eher von
neuer Bescheidenheit als von übertriebenem Ehrgeiz. Das
Handelsergebnis des zweiten Quartals ist ein Armutszeugnis. Und den
Quartalsverlust des Geschäftsfelds Securities, in dem namentlich die
Abteilungen Devisenhandel und Credit Trading versagten (was
personelle Konsequenzen hatte), hält auch Vorstandssprecher Müller
für „nicht akzeptabel“.
Andererseits: Die Commerzbank kann sich – das war in jüngerer Zeit
nicht immer so – wieder eine sehr konservative Bilanzierung leisten
und hat in erheblichem Maße stille Reserven gelegt. Der anteilige
Gewinn der Beteiligung an der Eurohypo (52 Mill. Euro) wurde noch
nicht verbucht. Von der Möglichkeit des Verzichts auf Goodwill-
Abschreibungen wurde kein Gebrauch gemacht. In der Risikovorsorge ist
aus jetziger Sicht noch viel Luft, der ersten Anpassung des Budgets
sollte eine zweite folgen. Nicht zuletzt: Sicherheiten und
Wertberichtigungen übersteigen die Problemkredite um 1 Mrd. Euro oder
rund 15%. Hierin steckt Auflösungspotenzial.
Alles in allem überwiegt das Positive, wobei die kräftig
hochgezogene Zinsmarge der besonderen Erwähnung wert ist. So
betrachtet, wird die Commerzbank unter Wert gehandelt, nicht nur
unter Buchwert.
(Börsen-Zeitung, 5.8.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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