Börsen-Zeitung: Klassenbester und Nachzügler, Kommentar zum Dell-Quartalsergebnis von Heidi Rohde
Frankfurt (ots)
Der PC-Direktvermarkter at die Konkurrenz einmal mehr auf die Plätze verwiesen. Das robuste Wachstum von Dell und die Punktlandung beim Quartalsgewinn gewinnen umso mehr an Glanz, als am Vortag der Rivale Hewlett-Packard (HP) die Märkte mit einem enttäuschenden Ergebnis und einem düsteren Ausblick geschockt hat. Dabei sind der Erfolg von Dell und die Probleme von HP in gewissem Maße zwei Seiten einer Medaille.
Dell hat ein klar fokussiertes Geschäftsmodell. Der Konzern konzentriert sich vereinfacht ausgedrückt auf den Verkauf von Computern aller Größenordnungen und realisiert dabei in der gesamten Wertschöpfungskette erhebliche Skaleneffekte sowie die Kostenvorteile eines Direktvertriebs, die sich im jüngsten Quartal in einer respektablen Nettomarge von fast 7% ausdrücken. Die entsprechende Quartalsrendite von HP nimmt sich dagegen mit gerade 3% kümmerlich aus.
Dabei spielt auch eine Rolle, dass das durch die Compaq-Übernahme gestärkte PC-Geschäft zwar aus den roten Zahlen, aber noch immer margenschwach ist. Dies konnte von der Paradesparte Drucker nicht aufgefangen werden. Schwerer wiegt allerdings das Desaster bei Servern und Speicherprodukten, wo sich HP ebenfalls viel von der Compaq-Verstärkung versprochen hatte. Managementfehler, wie sie von Konzernchefin Carly Fiorina eingeräumt wurden, sind in diesem Bereich unverzeihlich, weil der lukrative Servermarkt zu den am heißesten umkämpften Zukunftsmärkten gehört, wo nicht nur Dell, sondern auch IBM und Microsoft um Marktanteile kämpfen. Die Schwäche von HP wurde von Dell direkt genutzt.
Server und Speicherprodukte sind allerdings nicht das einzige Zukunftsfeld, auf dem sich HP schwer tut. Der Konzern bemüht sich auch seit Jahren mit eher bescheidenem Erfolg, stärker im Software- und Services-Markt Fuß zu fassen. Dieses kombinierte Geschäft verspricht ebenfalls ordentliche Margen und eine gute Kundenbindung, die auch über konjunkturelle Schwankungen hinweg als Stabilitätsanker dient. Bisher ist es weder HP noch Microsoft gelungen, den Platzhirsch IBM nennenswert anzugreifen. Im Gegenteil, Big Blue signalisierte erst kürzlich wieder seine Stärke, indem im laufenden Jahr die Neueinstellung von fast 19000 Mitarbeitern angekündigt wurde. Damit demonstriert IBM ausdrücklich Vertrauen in die IT-Nachfrage, besonders auch im Consulting-Markt. Nachdem aus der Softwarebranche in den USA jüngst schon wieder Unkenrufe über eine wackelige Stimmung der Kunden ertönten, beweist das Modell des integrierten Computer-, Software- und Dienstleistungskonzerns IBM seine Stärke. HP ist davon noch weit entfernt.
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