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Börsen-Zeitung: Kommentar von Carsten Steevens zum Rückzug von ABN Amro von weltweit sechs Börsenplätzen: Richtiger Rückzug

Frankfurt (ots)

ABN Amro zieht ihre Notierung weltweit von sechs
Börsenplätzen zurück, die Aktien der niederländischen Großbank sind
künftig noch an der Euronext, der Börse im Heimatmarkt, sowie in New
York (Nyse) gelistet. Die Bank hat damit die Frage beantwortet, wo
ein Listing für sie Sinn macht, wo der Nutzen größer ist als Kosten
und regulatorische Anforderungen. Der Schritt folgt der Einsicht,
dass sich Großinvestoren vor allem dorthin begeben, wo der größte
Umsatz im Handel mit der Aktie eines Unternehmens erzielt wird. Die
Liquidität ist in der Regel an der Börse des Heimatmarktes am
größten. Dass ABN Amro in den USA notiert bleibt, hat einerseits mit
ihren Ambitionen dort zu tun. Ein Delisting ausländischer Unternehmen
von der Nyse ist andererseits aber auch an strenge Bedingungen
geknüpft, etwa daran, dass diese weniger als 300 Aktionäre in den USA
haben müssen. Elf europäische Emittentenorganisationen aus acht
EU-Staaten haben sich in diesem Jahr bei der US-Wertpapieraufsicht
SEC für eine Erleichterung des Delistings eingesetzt – bislang
freilich ohne Ergebnis.
Den Börsenrückzug von ABN Amro als Ausdruck eines Trends bei
Banken zu sehen, die nach den Baisse-Jahren ihre Kostenblöcke
überprüfen, wäre zu weit gegriffen. Dafür ist allein das
Einsparpotenzial zu gering. Das in früheren Jahren verwendete Motiv,
an vielen Börsen vertreten zu sein, um sich einen möglichst großen
Anlegerkreis erschließen zu können, zieht aber auch nicht mehr. Der
ABN-Amro- Aktie hat die Mitteilung der Bank, die Notiz auf Kernmärkte
zu beschränken, nicht geschadet.
An mehreren Börsen vertreten zu sein ist für Banken wie für andere
Unternehmen aus Liquiditätsgründen kein Vorteil. Zudem müssen
Unterschiede im einzelstaatlichen Börsen- und Wertpapierrecht
beachtet werden, was permanenten Aufwand erfordert und Verstöße
provoziert. Warum also sollte sich ein Institut nicht von einem Platz
zurückziehen, an dem verschwindend geringe Umsätze im Vergleich zum
Handel im Heimatmarkt erzielt werden? Im Handel mit Aktien der an
zehn Börsen weltweit gelisteten Deutschen Bank etwa liefen 2003
lediglich rund 2,5% nicht über die Xetra-Plattform der Deutschen
Börse. Wenn ein Delisting schnell, ohne großen Aufwand und ohne
Reputationsverlust möglich wäre, würden es mehr tun, meinen
Beobachter. Doch Banken, die in Börsengremien vertreten oder
Börsenhändler sind, sorgen sich darum, dass ihr Rückzug schnell zum
Politikum werden könnte. Von den börsennotierten deutschen Großbanken
sind Delistings vorerst nicht zu erwarten, Priorität haben andere
Aufgaben. ABN Amro hat zumindest aber Anlass gegeben, über Delistings
nachzudenken.
(Börsen-Zeitung, 27.8.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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