Börsen-Zeitung: Kommentar von Bernd Freytag zur Übernahme im Zementgeschäft: Betonmischung
Frankfurt (ots)
Die Karten im globalen Zementgeschäft werden neu gemischt. Für 5,8 Mrd. Dollar einschließlich Schulden übernimmt die mexikanische Cemex den schwächsten Spieler, die britische RMC Group. Die tonangebenden Europäer Holcim, Lafarge und Heidelberg Cement bekommen harte Konkurrenz aus Übersee könnte man meinen. Doch solange das Kartellamt stillhält, werden Unternehmen und Anleger gleichermaßen ihren Nutzen ziehen.
Schon jetzt zu den Gewinnern zählen die RMC-Aktionäre. Die Mexikaner bieten den Briten ein sattes Aufgeld von 40% auf den Kurs vom Vortag. Alleine die Bar-Tranche von 4,1 Mrd. Dollar übersteigt das RMC-Eigenkapital um das 1,5fache. Auf den ersten Blick ein verdächtig großes Premium für einen Konzern wie RMC, der seit Jahren in Restrukturierungen verstrickt ist.
Doch für keinen anderen Spieler sind die Briten lohnenswerter, für keinen anderen ergeben sich durch die Übernahme bessere strategische Optionen. Der drittgrößte Zementkonzern der Welt kauft den größten Transportbetonanbieter und erweitert damit seine Absatzmöglichkeiten. Vor allem aber springen die Mexikaner mit Macht nach Europa: Gut die Hälfte der Umsätze erwirtschaftet RMC schließlich alleine in Deutschland und Großbritannien.
Und das Premium? Damit erkauft sich Cemex die für eine Integration notwendige Ruhe, und sie hält mögliche Gegenbieter auf Distanz. Das muss man sich erst mal leisten können. Während in den Vorjahren die miserable Baukonjunktur in Deutschland die Gewinnrechnungen der Konkurrenz verhagelte, profitierte Cemex von ihren stabilen Märkten. Und während sich Lafarge und Heidelberg Cement mit Kapitalmaßnahmen herumschlagen mussten, hielt Cemex das Pulver trocken.
Jetzt ist die Zeit günstig für die größte Übernahme, die je ein mexikanischer Konzern zu stemmen versuchte. Dabei hat das Opfer RMC mit Preissenkungen zunächst noch zu retten versucht, was nicht mehr zu retten war. Doch statt die Nachfrage über Billigpreise anzukurbeln was in der Bauindustrie ohnehin kaum funktioniert , zogen die Briten den Zorn der Wettbewerber auf sich. Die Übernahme der Deutschland-Tochter durch Heidelberg Cement scheiterte jedoch am Veto des Kartellamtes. Für Cemex hingegen ist der Weg nach Europa auch aus kartellrechtlichen Gründen frei.
Nun sitzt statt RMC und Cemex nur noch Cemex am Tisch einer weniger, und das ist für die Zementbarone keine schlechte Nachricht. Nicht mehr die renditeschwachen Briten müssen auf Teufel komm raus Geschäft machen. Deren Spiel ist aus. Cemex dagegen bringt einen langen Atem für den Abbau von Überkapazitäten mit. Das macht Hoffnung auf steigende Preise und Kurse.
(Börsen-Zeitung, 28.9.2004)
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