Börsen-Zeitung: Kommentar zur Platzierung von Telekom-Aktien durch die KfW von Heidi Rohde: Der Befreiungsschlag
Frankfurt (ots)
Wie bringe ich meinen renitenten Großaktionär dazu, mich endlich von einem voluminösen Aktienüberhang zu befreien, der den Kurs wie einen Bleimantel am Boden hält? Diese Frage hat sich der Vorstand der Deutschen Telekom in den vergangenen Monaten wohl mehr als einmal gestellt. Schließlich brachte die aus strategischen Gründen beschlossene Reintegration der Internettochter T-Online die rettende Bewegung. Denn mit der angekündigten Verschmelzung von T-Online auf die Telekom winkt die Emission neuer T-Aktien, und zwar in erheblichem Umfang je nachdem, wie viele T-Online-Aktionäre sich für die Teilnahme an der Verschmelzung entscheiden und welche Tauschrelation letztlich festgelegt wird.
Für die KfW, die für eine Platzierung seit längerem auf bessere Zeiten wartete, war dies ein Wink mit dem Zaunpfahl, die bei ihr geparkten Bundesanteile lieber jetzt als später unters Volk zu bringen wenn der Kurs in den Fluten neuer Aktien womöglich noch weiter sinken könnte.
Das Kalkül ist aufgegangen. Die geradezu stoische Reaktion des Marktes signalisiert zunächst einen gelungenen Coup für alle Beteiligten. Angesichts des maximalen Platzierungsvolumens von 4,5 Mrd. Euro bürgt ein geringfügiger Kursabschlag von unter 1% dafür, dass die beauftragten Banken das Material schnell und ohne alle Schwierigkeiten bei institutionellen Investoren platzieren können. Die Ausgabe von Optionsscheinen stellt dabei ein zusätzliches Lockmittel dar, um von einem künftig steigenden Kurs der T-Aktie zu profitieren.
Das Lockmittel wirkt umso besser, als die Telekom jetzt noch deutlich gemacht hat, dass sie das Ihre tun wird, um einen erneuten Druck auf den Kurs im Zuge der T-Online-Transaktion in Grenzen zu halten. So wird sie anschließend dasselbe Volumen an T-Aktien zurückkaufen, das für den Umtausch von T-Online-Papieren ausgegeben werden muss.
Dabei ist es auch im Sinne der Telekom, wenn der Befreiungsschlag durch die KfW-Platzierung eine maximale Wirkung auf den Kurs der T- Aktie entfaltet. Denn dies würde das Tauschverhältnis bei Verschmelzung der Tochter zugunsten der Telekom tendenziell verbessern und die Rücknahme verbilligen. Ein Restrisiko bleibt allerdings: Noch ist über den tatsächlichen Abfindungspreis für die T-Online-Aktionäre das letzte Wort nicht gesprochen. Je besser sie sich verkaufen, desto tiefer muss die Telekom am Ende in die Tasche greifen, um das der neuerlichen Aktienemission entsprechende Volumen am Markt zurückzukaufen. Der sichere Gewinner sitzt in Berlin. Denn ein Aktienrückkauf der Telekom kommt dem Bundesfinanzminister gerade recht.
(Börsen-Zeitung, 12.10.2004)
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