Börsen-Zeitung: Talanx bleibt der Börse fern, Kommentar von Thomas List zur Verschiebung der Börsenpläne des Versicherungskonzerns Talanx
Frankfurt (ots)
Vor einem Jahr wollte Wolf-Dieter Baumgartl, Vorstandsvorsitzender des Versicherungskonzerns Talanx, mit der Gesellschaft an die Börse gehen, sobald sich ein passendes Großobjekt gefunden hat. Inzwischen ist es mit Gerling zwar da. Aber trotzdem will Talanx in den nächsten Jahren noch nicht an die Börse.
Jetzt soll es bei der nächsten Großakquisition so weit sein. Zwar ist die strategisch durchaus erwünscht, schließlich will man die Nr. 6 oder 7 in Europa werden, aber ein geeignetes Objekt ist nicht in Sicht obwohl Baumgartl und seine Crew schon seit langem suchen, wie er immer wieder bedauernd feststellt. Wunschobjekt wäre jetzt aber ein europäischer Schaden- und Unfallversicherer außerhalb Deutschlands, dessen Kauf die Integration von Gerling aber nicht stören soll. Der Eindruck drängt sich auf, der Bayer Baumgartl suche einen Wolpertinger.
Vermutlich ist er ganz froh, dass es mit der Börse auf absehbare Zeit nichts wird. Denn die Integration von Gerling ist eine Herkulesaufgabe. Beide Konzerne sind im Industrie-, aber auch im Privatkundengeschäft stark. Dabei können sich beide gut ergänzen, zum Beispiel bei den Vertriebswegen zum Privatkunden, doch gibt es auch eine Fülle von Überschneidungen.
Hier lassen sich große Synergiepotenziale erschließen, die Kosteneinsparungen und Ertragschancen umfassen. Um einen Personalabbau wird der kombinierte Konzern nicht herumkommen. Schade, dass Baumgartl hier nicht konkreter wird. Es muss ja nicht unbedingt die genaue Zahl der Mitarbeiter sein, die den Konzern verlassen. Aber die konkreten Synergiepotenziale, die ja dem Talanx- Aufsichtsrat vorgelegt wurden, würden die Öffentlichkeit schon interessieren.
Baumgartl befürchtet dann aber eine Verunsicherung der Mitarbeiter, weil der Euro-Wert gleich in zu vermindernde Stellen umgerechnet werde. Doch warum nicht die Zahlen erläutern und auf zusätzliche Ertragschancen verweisen? So sind Spekulationen Tür und Tor geöffnet, die die Mitarbeiter von Gerling und Talanx erst recht beunruhigen. Zur Transparenzoffensive könnte auch Gerling beitragen, indem das Unternehmen der Veröffentlichung des Kaufpreises zustimmt und auch die Vorgehensweise bei den Pensionsrückstellungen erläutert. Mehr Transparenz wäre auch für den möglichen Börsengang nur positiv.
(Börsen-Zeitung, 15.12.2005)
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