Börsen-Zeitung: Versorgungsunsicherheit, Kommentar zum Gasstreit von Christoph Ruhkamp.
Frankfurt (ots)
Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine könnte sich als Wasser auf die Mühlen der deutschen Versorger erweisen. Versuchen die Unternehmen doch, die geplanten Eingriffe des hiesigen Kartellamts in Preisgestaltung und Lieferbedingungen unter anderem mit dem Argument abzuwehren, die Versorgungssicherheit müsse im Vordergrund stehen. Die aktuelle Entwicklung hebt nun Deutschlands Abhängigkeit von russischen Importen hervor, die 35% des hiesigen Verbrauchs abdecken. Die langfristige Sicherheit dieser Lieferungen wird eine wichtige Rolle spielen, wenn Eon Ruhrgas mit einem Marktanteil von zwei Dritteln Deutschlands bedeutendster Gasversorger am kommenden Montag Stellung nimmt zu einer Abmahnung des Kartellamts. Die Behörde will bei den Lieferverträgen zwischen Ruhrgas und den Endkundenversorgern eine Verringerung der Laufzeiten erzwingen.
Die Forderung der Aufseher, die angesichts kontinuierlich steigender Preise für die Endkunden zu mehr Wettbewerb durch dritte Anbieter führen soll, erscheint in neuem Licht. Ruhrgas kann mit Recht darauf verweisen, dass Erdgasproduzenten wie die russische Gazprom langfristige Lieferverträge von bis zu 30 Jahren erwarten und dass die Verträge mit Stadtwerken deshalb ebenfalls von Dauer sein müssen, um die notwendigen Investitionen in die Erschließung neuer Quellen tätigen zu können. Das würde dazu beitragen, dass sich Gazprom künftig nicht für andere Partner entscheidet.
Der Gasstreit muss aber auch eine Mahnung für die Versorger selbst sein, ihre Bezugsquellen künftig stärker zu streuen. Zwar wird die im Bau befindliche Ostsee-Pipeline ab 2010 die Abhängigkeit vom Verhalten der Transitländer mindern. Die Abhängigkeit vom russischen Staat dem Mehrheitseigner der Gazprom als Lieferant wird jedoch eher noch zunehmen. Eine langfristige Alternative wäre der Import von verflüssigtem Gas per Tanker aus dem Nahen Osten. Dafür müsste Ruhrgas zunächst ein Terminal bauen, das rund 500 Mill. Euro kostet. Dass sich ein weiteres Standbein für Importe lohnt, ist absehbar. Schon heute heizt die Hälfte der deutschen Haushalte mit Gas; rund 8% der Stromerzeugung entfallen auf den Rohstoff. Beide Anteile werden wachsen, da Gas im Vergleich zu Kohle und Öl sowohl preiswerter als auch weniger klimaschädlich ist.
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