Börsen-Zeitung: Von Porsche lernen, Kommentar zum Rekordergebnis des Sportwagenherstellers von Claus Döring
Frankfurt (ots)
Es könnte einer der interessantesten Berichte der laufenden Quartalssaison sein, doch das Publikum muss leider darauf verzichten. Erstens, weil der Emittent die Veröffentlichung von Quartalsberichten grundsätzlich ablehnt, und zweitens, weil das Geschäftsjahr dieses Unternehmens nicht dem Kalenderjahr entspricht. Der Sportwagenhersteller Porsche hat vor drei Tagen sein Geschäftsjahr 2005/06 beendet und abermals ein Rekordjahr mit starken Zuwächsen bei Absatz, Umsatz und Gewinn eingefahren. Erste Zahlen sind anlässlich des Pariser Autosalons Ende September zu erwarten. Sie werden die seit 1998 von Porsche gehaltene internationale Spitzenposition in der Umsatzrentabilität der Autohersteller unterstreichen.
Dem operativen Gewinn kaum nachstehen wird jener Gewinn, den Porsche aus seinem Engagement bei Volkswagen gezogen hat. Rund 1 Mrd. Euro hat Porsche bisher am Einstieg beim Wolfsburger Konzern verdient. Das hätte keine der sogenannten Heuschrecken besser machen können. Nur denkt man bei Porsche nicht im Traum daran, die Kursgewinne zu realisieren. Im Gegenteil, die Option zur Aufstockung auf 25,1% des Kapitals dürfte in den nächsten Wochen gezogen und die Beteiligung bis nahe an die 30%-Marke ausgebaut werden, ab der eine Übernahmeofferte fällig wäre. Und dann wird es spannend: Porsche ist virtueller Nebenkläger der EU-Kommission gegen das VW-Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof. Der größte VW-Aktionär fühlt sich in seinen Rechten durch das VW-Gesetz beeinträchtigt und setzt alles daran, die den Einfluss des Landes Niedersachsen schützende Stimmrechtsbeschränkung von 20% zu kippen.
Für den neuen VW-Großaktionär wäre danach der Weg frei für eine Satzungsänderung, die endlich Kapazitätsanpassungen und höhere Produktivität bei Volkswagen erlaubte. Denn Werksschließungen bedürfen bisher der Zustimmung von 75% des Aufsichtsrats und sind damit de facto unmöglich. Die Option zur Schließung mancher Werke könnte zusammen mit der Rückkehr zur 35-Stunden-Woche für die dringend nötige Auslastung im Werk Wolfsburg sorgen. Wenn Volkswagen nämlich eines von seinem Großaktionär Porsche lernen kann, dann dies: die Produktivitätssteigerung in der Fertigung ist die Mutter aller Gewinne. Und die Produktivität im Wolfsburger Stammwerk ist der Schlüssel zum VW-Erfolg.
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