Börsen-Zeitung: Verpatzte Premiere, Kommentar zur Strategie der Deutschen Telekom von Heidi Rohde
Frankfurt (ots)
Die Premiere des neuen Stücks aus dem Hause Telekom, "Die Ära Obermann", ist beim Publikum durchgefallen. Darüber muss sich niemand wundern, denn der Hauptdarsteller und seine Partner hatten sich im Vorfeld bei einer Vielzahl kleiner Generalpröbchen so verausgabt, dass sie die hohen Erwartungen, die an die große Auftaktvorstellung geknüpft waren, nicht mehr erfüllen konnten.
Der erste Akt über Wege zur Sanierung des Inlandsgeschäfts zog sich episch in die Länge, allerdings ohne sonderlichen Erkenntnisgewinn über die bereits bekannten Eckpunkte hinaus. Der zweite, der den Wachstumschancen durch Zukäufe im Mobilfunk gewidmet war, hätte das Zeug zum tragenden Höhepunkt gehabt, wurde aber auf Intermezzolänge gekürzt, ebenso wie der dritte Abschnitt zu den Perspektiven für die seit Jahren dahindümpelnde Geschäftskundensparte, die einer genaueren Portfoliobetrachtung entging. Entsprechend lautet das Echo der Kritiker auf "Nicht empfehlenswert".
Ein Totalverriss erscheint gleichwohl verfrüht. Bekanntlich ist so manches Theaterstück nach einer misslungenen Premiere noch zur Erfolgsgeschichte geworden. Im Falle Telekom stellt sich die Frage, ob die dramaturgischen Schwerpunkte richtig gewählt sind.
Ohne Zweifel muss der Vorstand dem Niedergang des Inlandsgeschäfts, das noch immer rund die Hälfte der Konzernerlöse beisteuert, Einhalt gebieten. Allerdings drängt die Zeit. Sie kann weder für eine langwierige Auseinandersetzung mit den Sozialpartnern noch für ein sinnloses Kräftemessen mit dem Regulierer verwendet werden. Bei den Investoren erhärtet sich sonst der Eindruck, dass die Telekom weiterhin das tut, was sie in den vergangenen vier Jahren getan hat: sich im Inland - erfolglos - aufreiben, während sie gleichzeitig im Ausland eine Chance nach der anderen verpasst.
Hier hat René Obermann unter seiner Führung eine Kehrtwende angekündigt. Er will den Mobilfunk durch Akquisitionen stärken. Auf rauschenden Beifall wird er jedoch warten müssen, bis ein Deal unter Dach und Fach ist. Denn die Anleger beschleicht nicht zu Unrecht das Gefühl, dass es für diesen Aufbruch schon recht spät ist. Gleiches gilt für Neuorientierung und Partnersuche bei der Geschäftskundensparte. In beiden Fällen besteht die Gefahr, dass die Verspätung teuer bezahlt wird.
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