Börsen-Zeitung: Teure Verfolgungsjagd, Kommentar zur geplanten Aquantive-Übernahme durch Microsoft von Heidi Rohde
Frankfurt (ots)
Rund 6 Mrd. Dollar für ein Unternehmen mit gut 400 Mill. Dollar Jahresumsatz und 55 Mill. Dollar Gewinn! Das ist ein wahrhaft großzügiges Angebot, das Microsoft den Aktionären des Online-Werbevermarkters Aquantive macht. Es übertrifft die kürzlich als bereits reichlich überteuert kritisierte Offerte von Google für die ähnlich große Firma Doubleclick in diesem Markt, für die der Internetsuchanbieter gut 3 Mrd. Dollar hinblätterte. Darüber hinaus ist es bei weitem der teuerste Barkauf, den sich die Gates Company jemals geleistet hat. Die Bewertungsrelationen müssten den Microsoft-Aktionären eigentlich die Tränen in die Augen treiben, aber die Notiz zuckte unmittelbar nach Bekanntgabe der Nachricht nur mit einem minimalen Abschlag. Schließlich dürfte der Softwaregigant eines der wenigen Unternehmen sein, das für einen solchen Betrag gar nicht mal so tief in die prall gefüllten Taschen greifen muss.
Microsoft kann die 6 Mrd. Dollar verkraften, ohne mit der Wimper zu zucken. Was hingegen jeden Tag schwerer erträglich erschien, war der wachsende Abstand zum Börsenstar Google in einem der wichtigsten Zukunftsmärkte im Internet. Die Werbung im Web steckt zwar mit einem globalen Volumen von 29 Mrd. Dollar noch immer in den Kinderschuhen, wächst jedoch rasant und substituiert in steigendem Maße den Werbeauftritt in anderen Medien. Google, deren Umsatz zu über 90% in diesem Bereich erzielt wird, hat daher selbst auch keine Kosten gescheut, um die Konkurrenz mit dem Kauf von Doubleclick aus dem eigenen Hinterhof herauszuhalten.
Microsoft, deren Hauptgeschäft nach wie vor vom Windows-Nachfolger Vista, den Office-Produkten und dem Server-Business getragen wird, steht seit längerem unter dem Druck der Investoren, echte neue Wachstumsfelder zu erschließen. Der Softwareriese hat mit dem Erwerb von Aquantive die Chance ergriffen. Pech war, dass um Doubleclick, Aquantive und Co in jüngster Zeit von vielen geworben wurde, so dass Microsoft am Ende keinen so vorteilhaften Deal machen kann wie Google. Denn trotz aller Anstrengungen wird die Gates Company diese Rivalin wohl nicht mehr einholen. Für Microsoft war es trotzdem der richtige Schritt. Denn auf dem noch jungen lukrativen Online-Werbemarkt lohnt auch der zweite Platz eine größere Investition.
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