Börsen-Zeitung: Qiagen vor dem Durchbruch, Kommentar zur US-Akquisition des Biotechnologie-Konzerns Qiagen von Christoph Ruhkamp
Frankfurt (ots)
Das deutsch-niederländische Biotechnologie-Unternehmen Qiagen war lange Zeit vom Radarschirm der Börse so gut wie verschwunden. Trotz der Übernahme von rund einem Dutzend kleinerer Wettbewerber dümpelte der Kurs in den vergangenen Jahren nur vor sich hin. Einer der Gründe dafür sind die hochkomplexen Produkte des Konzerns - molekularbiologische Testverfahren, die unter anderem zur Früherkennung von Krankheitserregern eingesetzt werden. Das Problem: Bisher waren die Kunden überwiegend in den Forschungsabteilungen von Pharmaunternehmen und Universitäten zu finden. Der große Durchbruch im alltäglichen Masseneinsatz in Kliniken und bei Ärzten fehlte jedoch.
Jetzt meldet sich Qiagen mit einer unerwartet großen Übernahme in der Öffentlichkeit zurück, die ebendiesen Durchbruch vielleicht bringen könnte. Immerhin steigt der Konzern zum weltweit zweitgrößten Anbieter molekularer Diagnostik auf. Das Übernahmeziel - der US-Konkurrent Digene - erzielt 90% seines Umsatzes mit einem Test, der den Gebärmutterhalskrebs auslösenden HP-Virus nachweist. Im Gegensatz zu den bisher akquirierten Firmen verfügt Digene damit nicht nur über eine Forschungspipeline, sondern über ein bereits von der US-Gesundheitsbehörde zugelassenes Produkt - und kann Qiagen bei weiteren US-Zulassungen auf die Sprünge helfen. Außerdem werden die Amerikaner in die Unternehmensehe mehr als 70 Vertriebsmitarbeiter einbringen, die künftig neben den eigenen Produkten auch die von Qiagen an den weitgehend ähnlichen Kundenkreis verkaufen.
Dass Qiagens Aktienkurs dennoch einbüßte, mag zum einen eine vorübergehende Reaktion sein. Zum anderen ist die Skepsis des Marktes auf die bereits ambitionierte Bewertung Qiagens zurückzuführen. Die Marktkapitalisierung liegt beim 18fachen des operativen Gewinns (Ebitda) im vergangenen Jahr.
Darüber hinaus erscheint der Kaufpreis von 1,6 Mrd. Dollar auf den ersten Blick sehr teuer: Qiagen zahlt das 88fache des Operating Profit von Digene im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr. Aber das endete bereits zur Jahresmitte 2006, und seitdem hat sich einiges getan. Der Markt erwartet, dass sich der Kaufpreis-Multiple auf Basis der neuen Zahlen auf 27 verringern könnte. Und das wäre im Branchenvergleich ein sehr moderater Preis.
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