Weser-Kurier: Kommentar zur Wahlbeteiligung im Saarland
Bremen (ots)
Na und, könnte man sagen. Eine Wahlbeteiligung von 61 Prozent, das ist doch keine Katastrophe, heutzutage. Schon gar nicht aus bremischer Sicht: Hier gab vor knapp einem Jahr gerade mal gut die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Noch schlimmer bei den Kommunal- und Europawahlen - da verzichtet, durchschnittlich gesehen, mittlerweile die Mehrheit darauf mitzubestimmen. Na und, könnte man sagen, wenn die eine Hälfte nicht will, bestimmen eben die anderen für sie mit. Von wegen na und. Man darf und muss und soll sich Sorgen machen, ob das Interesse nun im Saarland sinkt, im Sauerland oder sonstwo. Da gibt es nichts zu beschönigen - obgleich es für die eben doch mickrige Beteiligung immer gute Gründe gibt: Im Saarland war das Wetter zu gut und die Koalitionsaussage schon zu genau. In Bremen war das neue Wahlrecht zu kompliziert. In Schleswig-Holstein ist das alte Wahlrecht vermutlich zu alt und der Wahlkampf wahlweise zu langweilig, zu zurückhaltend, zu vorhersehbar oder zu kämpferisch. Zur Wahl zu gehen scheint mittlerweile einfach zu viel verlangt. Nicht ein Recht, das man ausübt, ein Angebot, das man wahrnimmt, sondern etwas, das man auf sich nimmt. Als täte man anderen einen Gefallen, den Spitzenkandidaten womöglich. Optimisten mögen einwenden, dass es auch von Zufriedenheit zeugen kann, wenn jemand auf seine Stimme verzichtet. Von einem Grundvertrauen in die Demokratie, in der schon niemand an die Macht kommen wird, der wirklich Böses im Schilde führt. Die Erfahrung lehrt, dass es anders kommen kann: 1991 bekam die rechtsextreme DVU in Bremerhaven mehr als zehn Prozent der Stimmen. Bei der Kreistagswahl in Sachsen 2008 stimmte in Reinhardtsdorf-Schöna jeder Vierte für die NPD. Und in Bremen sitzen Rechte in den Beiräten Gröpelingen und Blumenthal. Wer nicht zur Wahl geht, der mag politikverdrossen sein und vielleicht auch verunsichert, überfordert oder bitter enttäuscht. Aber: Nichtwähler fühlen sich auch schlicht nicht verantwortlich für das Gemeinwesen. Wahlmüdigkeit? Wahlfaulheit ist vielleicht treffender.
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