Weser-Kurier: Über eine rot-rot-grüne Koalition schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 27. September 2013:
Bremen (ots)
Beinahe täglich legt die Linke Lockangebote für SPD und Grüne auf den Tisch. Gestern war es gemeinsamer Mitgliederentscheid der drei Parteien über Rot-Rot-Grün. Kommt nun doch die von vielen Wählern ungewollte Variante? Riskiert die SPD wie einst Andrea Ypsilanti in Hessen den Wortbruch? Ganz im Ernst: Peer Steinbrück, Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel haben x-mal versichert, dass Rot-Rot-Grün im Bund für sie kein Thema ist. Tatsächlich steht die SPD-Führung im Wort. Würden sie es brechen, sie bekämen den Ypsilanti-Effekt hoch zehn zu spüren. Niemand würde den Sozis noch etwas glauben, die Politikverdrossenheit im Land bekäme nochmals einen Schub. Was schnell vergessen wird: Nicht einmal linke Sozialdemokraten wie Ralf Stegner setzen in diesen Tagen auf das rot-rot-grüne Modell, sondern sie wollen eine Option für 2017 - in der Hoffnung auf dann gemäßigter auftretende Dunkelrote. Kann sich jemand ernsthaft vorstellen, wie Frank-Walter Steinmeier und Sahra Wagenknecht in Koalitionsverhandlungen über künftige Grundlinien deutscher Außenpolitik sinnieren? Und wer fragt eigentlich die Grünen? Dort sind die Vorbehalte gegen das Bündnis mindestens so ausgeprägt wie in der SPD, sie werden nur nicht so laut vorgetragen. Also gemach. In diesen aufgeregten Nachwahl-Tagen wird so mancher Testballon hochgelassen. Das hat Finanzminister Wolfgang Schäuble mit seinen Steuer-Andeutungen gemacht, und Linken-Chefin Katja Kipping macht es mit dem soundsovielten Wiederbelebungsversuch von Rot-Rot-Grün. Ungeschickt ist das ja nicht: Man produziert Schlagzeilen, schießt den Ball ins Feld der anderen Parteien und lenkt von eigenen Problemen ab - zum Beispiel vom Streit um die Fraktionsführung. Kippings Vorstoß ist ein durchaus pfiffiger, aber auch durchsichtiger PR-Coup in eigener Sache. Realistisch ist er nicht. Für die Bundesebene. Für Hessen sieht das möglicherweise anders aus. Aber dort haben SPD und Grüne eine Zusammenarbeit auch nicht kategorisch ausgeschlossen.
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