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Weser-Kurier: Kommentar von Silke Hellwig zum Mindestlohn

Bremen (ots)

Das Gegenteil von gut, sagt man, ist gut gemeint. Und wer wollte bestreiten, dass der Mindestlohn gut gemeint ist. Gut gemacht ist der Gesetzentwurf nicht - ein derartiges Gesetz kann einfach nicht für alle Branchen und alle Arbeitsformen und -situationen taugen. Wenn SPD-Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die Sozialdemokraten und ihr Koalitionspartner genau das beweisen wollten - es ist ihnen mit Bravour gelungen. Das Gesetz ist Murks von vornherein. Das beginnt bei den Ausnahmen - für die Gewerkschaften sind es schon jetzt zu viele, für die Arbeitgeber sind es zu wenig. Besonders fragwürdig ist die Ausnahme für Langzeitarbeitslose. Ausgerechnet dort endet offenbar der von Andrea Nahles beschworene "Respekt für die geleistete Arbeit". Gerade die, die ohnehin das Gefühl haben müssen, dass ihre Fähigkeiten nicht viel wert sind auf dem ersten Arbeitsmarkt, bekommen das jetzt noch einmal schwarz auf weiß, mit ihrer Lohnabrechnung. Auch Praktikanten sind vom Mindestlohn ausgenommen, es sei denn - Ausnahme von der Ausnahme - es handelt sich um Langzeitpraktikanten. Bei 15 Branchen müsste es ebenfalls Ausnahmen geben - unter anderem im Taxigewerbe und bei Obst- und Gemüsebauern. Dort gibt es sie aber nicht, stattdessen gibt es "begleitende Unterstützung", was immer die Ministerin darunter auch verstehen mag. Zudem wimmelt der Entwurf von Fristen und Prüfaufträgen, der Koalitionspartner CDU/CSU will "im parlamentarischen Verfahren" obendrein noch weitere Ausnahmen durchboxen. Die Bundesarbeitsministerin sprach von "einem Riesending, was wir da bewegen", wohl wahr: Absehbar entsteht ein kolossales Mindestlohn-Gestrüpp. Nicht von ungefähr sah sich die Arbeitsministerin obendrein zu einer besonderen Einschätzung genötigt: Der Gesetzentwurf sei ihrer Einschätzung nach "verfassungsfest". Wenn in der neuen Regierung schon als Qualitätskriterium gilt, dass ein Gesetz nicht vom Bundesverfassungsgericht kassiert wird, dann gute Nacht.

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