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Weser-Kurier: Kommentar von Jürgen Hinrichs zum Bremer Wahlkampf

Bremen (ots)

Man glaubt es nicht, aber gestern war Wahlkampf in Bremen. Das erste Mal, dass in den Wochen vor dem 10. Mai, dem Tag der Bürgerschaftswahl, gestritten wurde. Das erste Mal auch, dass die Spitzenkandidaten der größeren Parteien aufeinandertrafen. Vorher hatten sie sich im Wesentlichen damit begnügt, ihre jeweilige Stammwählerschaft zu bedienen. Klar, dass bei solchen Veranstaltungen keine Funken fliegen und die eigenen Positionen nur doppelt und dreifach bestätigt werden. Langweilig ist kein Ausdruck dafür. Demokratie lebt von Streit, in Wahlkampfzeiten sowieso. Streit nicht als Selbstzweck oder Inszenierung, sondern um politische Inhalte und Unterschiede deutlich zu machen. Die Macht des Arguments - glauben wir doch einfach mal dran und schaffen die Foren dafür. Gestern war so eine Gelegenheit, und nun ist zwar noch nicht die Stunde, Noten zu verteilen. Man darf es aber schon mal erfrischend nennen, wenn die Menschen auf den Plakaten lebendig werden und sich den Attacken ihrer Konkurrenten oder des Moderators aussetzen, statt in Hinterzimmern und unter Parteifreunden den eigenen Erfolg zu beschwören. Eine offene, öffentliche und möglichst handfeste politische Debatte braucht Bremen umso mehr, als allen vor der Wahl schon wieder alles klar ist. Das ist fatal, aber gut zu verstehen. Die politischen Verhältnisse im kleinsten Bundesland sind wie zementiert. Seit bald 70 Jahren stellt die SPD den Bürgermeister. Und wenn sie früher auch mal mit der FDP regiert haben oder mit der CDU, sind die Bremer Sozialdemokraten mittlerweile auf die Grünen abonniert und schielen noch nicht einmal auf andere. Warum dann überhaupt noch zur Wahl gehen, fragen sich viele. Eine Entwicklung, die niemand im politischen Betrieb recht sein kann, auch denen nicht, die später in der Regierung sitzen. Sie verlieren durch Wahlenthaltung an Legitimität. Aufbrechen kann man das nur durch mehr Trennschärfe zwischen den Parteien. Durch kluge und klare Themensetzung. Durch einen harten, aufwühlenden politischen Wettbewerb, der immer auch mit Personen zu tun hat. Mehr Schmackes, bitte! Gestern hat das geklappt.

Pressekontakt:

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Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
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