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Rheinische Post: Die SPD zerstört sich selbst

Düsseldorf (ots)

Von Sven Gösmann
Die SPD will mit Wolfgang Clement ihren ehemaligen Berliner 
"Superminister" für Wirtschaft und Arbeit und NRW-Ministerpräsidenten
wegen parteischädigenden Verhaltens ausschließen. Clement ist der mit
Abstand ranghöchste Sozialdemokrat, dem Deutschlands älteste Partei 
seit 1917 den Stuhl vor die Tür stellte. Er ist nach eigenem Bekunden
"vom Donner gerührt". Und selbst wenn der Beschluss auf dem 
Instanzenweg kassiert werden sollte, ist das Desaster für die SPD 
bereits perfekt.
Nur weil Clement als Zeitungskolumnist von der Wahl der 
wirtschaftsfeindlichen hessischen SPD-Spitzenkandidatin Andrea 
Ypsilanti gewarnt hatte und auch sonst öfter quer zur konfusen 
Parteilinie liegt, soll er die SPD verlassen. Deutlicher kann eine 
Partei ihre Orientierungslosigkeit nicht offenbaren. Die SPD hat 
unter ihrem grotesk überforderten Parteichef Kurt Beck ihren Kompass 
verloren. So wird der Wunsch nach dem Rauswurf Clements zusätzlich 
mit seiner Urheberschaft der Hartz-IV-Reformen begründet. Folgte man 
dieser Argumentation, müsste die SPD als nächstes ihre 
Ex-Vorsitzenden Gerhard Schröder und Franz Müntefering sowie ihren 
wahrscheinlichen Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier 
ausschließen - sie waren ebenfalls Autoren der Agenda 2010.
Die Sozialdemokratie, für die Clement, aber auch Peer Steinbrück, 
Helmut Schmidt, Friedhelm Fahrtmann oder Klaus von Dohnanyi stehen, 
wurzelte in einem emanzipatorischen Weltbild und einem praktischen, 
keinem theoretischen Gerechtigkeitsbegriff. Als das Eintreten für 
"Freiheit von Unterdrückung" umschreibt das Steinbrück. Das ist 
allerdings hinderlich für alle in der SPD, die Bündnisse mit der 
SED-Nachfolgeorganisation "Die Linke" anstreben.
Die Clement-SPD war staatstragend, nicht staatsgläubig, offen für die
Belange der Wirtschaft und den Fortschritt. Selbst wenn aus diesem 
Ansatz nicht immer gute Politik erwuchs - Clement gehört zu den 
erfolglosesten NRW-Ministerpräsidenten -, so ist er nicht falsch. 
Diese Berechenbarkeit der SPD hat über Jahrzehnte zu ihrem Vorteil 
gewirkt, zu einem stabilen Parteiengefüge und damit zu einem 
funktionierenden Gemeinwesen beigetragen. Die SPD der Andrea Nahles 
und Klaus Wowereit, die sich mit dem Ausschlussbegehren gegen Clement
durchsetzte, propagiert dagegen den allumfassenden (Sozial-)Staat und
somit die Entmündigung des Einzelnen unter dem Deckmantel der 
Fürsorge.
Clement wollte das nicht kampflos zulassen, sondern um den richtigen 
Weg streiten. Dies funktioniert in der modernen Demokratie weniger 
über Ortsvereinsversammlungen als über die Auseinandersetzung in den 
Medien. Es ist auf keinen Fall verwerflich, sondern ehrenwert. Die 
Ausschluss-Entscheidung gegen Clement ist deshalb ein Sieg der 
seelenlosen Funktionärs- über die Volkspartei. Und sie ist ein 
weiterer Nagel zum Sarg der SPD.

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

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