Rheinische Post: Grün ist aller Hoffnung Kommentar Von Sven Gösmann
Düsseldorf (ots)
Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass das Sechs-Parteien-System unsere politische Landschaft unübersichtlicher macht, dieser Wahlsonntag liefert ihn: In Sachsen ermöglichen die Wähler CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich seine Wunschkoalition, nebenbei befördern sie die FDP zur drittstärksten Kraft vor der SPD. Gleichzeitig stürzen die CDU-Ministerpräsidenten im Saarland, Peter Müller, und in Thüringen, Dieter Althaus, in ihnen bisher verborgen gebliebene Tiefen, die SPD rutscht jeweils noch ein Stückchen ab und feiert das trotzig als Erfolg, die Linkspartei kann stolz wie Oskar sein. Es gibt eine Reihe regionaler Gründe für diese Ergebnisse und ein paar Botschaften für die Bundestagswahl. Die Landespolitik verknappt: Die CDU hat in Sachsen vieles falsch, aber das meiste eben doch richtig gemacht. Das Land ist der Primus des Ostens, Stanislaw Tillich ein blasser, aber auch ein braver Landesvater. Im Saarland hat Peter Müller eine allenfalls durchwachsene Bilanz. Er wirkt nach zehn Jahren amtsmüde und ideenlos. In Thüringen machte Dieter Althaus aus seinem Skiunfall ein peinliches Boulevard-Drama, das den Blick auf seine beachtlichen Leistungen trübte. So kommt es, dass für Thüringen und das Saarland über rot-rot-grüne Bündnisse und Jamaika-Koalitionen aus CDU, FDP und Grünen diskutiert werden muss. Beiden möglichen Koalitionen ist eigen, dass für ihr Zustandekommen der fast unbeachtete große Wahlsieger dieses Sonntags als Mehrheitsbeschaffer benötigt wird - die Grünen. Grün ist aller Hoffnung in diesem Koalitionsgerangel. Ob vier Wochen vor einer Wahl im grellen Licht der Medien allerorten die Kraft für das Anbahnen eines der Dreierbündnisse reicht? Unwahrscheinlich. Die Parteien werden sich über den Bundestagswahltermin retten und dabei im Hinterkopf die zentrale Botschaft des gestrigen Abends speichern: Große Koalitionen stehen derzeit an der Wählerbörse nicht hoch im Kurs.
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