Rheinische Post: Kulturgut Karfreitag
Düsseldorf (ots)
Ein Kommentar von Martin Kessler:
Die Grünen geben sich gern betont kirchenfreundlich. In Fragen der Atomkraft, des sozialen Zusammenhalts oder der Embryonenforschung suchen sie oft den engen Schulterschluss mit beiden Kirchen. Es mutet deshalb befremdlich an, dass ein Spitzen-Grüner nun die Aufhebung der Karfreitagsruhe fordert. Listig verweist er dabei auf das Freiheitspostulat. Eine bestimmte Gruppe, die gläubigen Christen, dürften einer anderen Gruppe, den Ungläubigen oder Skeptikern, nicht vorschreiben, wie sie den Karfreitag zu begehen hätten. Was auf den ersten Blick wie ein natürliches Grundrecht erscheint, erweist sich bei genauerem Nachdenken als recht oberflächlicher Umgang mit Traditionen unserer Gesellschaft. Mit gleichem Recht könnte der Grünen-Politiker das Glockenläuten der Kirchen, die Sonntagsruhe oder den Religionsunterricht in den Schulen verwerfen. Für die evangelische Kirche ist Karfreitag der höchste Feiertag, für die Katholiken ebenfalls einer der wichtigsten Tage des Kirchenjahrs. Dass in unserer Kultur, die durch das Christentum wie durch kaum etwas anderes geprägt wurde, daraus ein ernster Tag ohne Vergnügungen entstand, ist nur folgerichtig. Es beschneidet niemanden in seiner Freiheit, wenn er an einem Tag im Jahr auf Kabarett, Disco oder Theater verzichten muss.
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