Rheinische Post: Kommentar
Dubiose Vergabe des Hambach-Gutachtens
= Von Kirsten Bialdiga
Düsseldorf (ots)
Die Räumung des Hambacher Forsts entwickelt sich für die CDU/FDP-Landesregierung zu einer schier unendlichen Geschichte. Immer neue Ungereimtheiten tauchen auf bei dem größten Polizeieinsatz der jüngeren Geschichte in Nordrhein-Westfalen. Hartnäckig wiederholt die Opposition ihren Vorwurf, Innenminister Herbert Reul (CDU) habe sich zum Handlanger des Energiekonzerns RWE gemacht, indem er die Baumhäuser aus Brandschutzgründen räumen und zerstören ließ, damit RWE roden und Braunkohle abbauen könne. Reul weist diese Vorwürfe stets zurück und beteuert die Unabhängigkeit seiner Entscheidung. Es sei Gefahr in Verzug gewesen, wird er nicht müde zu betonen.
Doch es gibt weitere Unregelmäßigkeiten. Wie aus fotokopierten Akten hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegen, lag Mitarbeitern im Innenministerium offenbar sehr daran, mit dem Rechtsgutachten zur Räumung des Waldes auf jeden Fall eine bestimmte Kanzlei aus Münster zu beauftragen. Deren Vorteil aus Sicht des Innenministeriums: Sie kannte sich mit der Räumung von Problemimmobilien aus Brandschutzgründen aus. Es ist aber rechtlich nicht so einfach, einen öffentlichen Auftrag an einen bestimmten Anbieter zu vergeben. Eine Direktvergabe ist nur erlaubt, wenn dieser Anbieter ein Alleinstellungsmerkmal hat und es vorher eine Markterkundung gab.
Eine Menge Energie verwendeten die Mitarbeiter des Ministeriums den Akten zufolge darauf, die Direktvergabe zu rechtfertigen. Aus Sicht von Innen- und Bauministerium mag das ein übliches Vorgehen sein. Für Rechtsexperten ist es das nicht. Dass ein Auftragstext so lange überarbeitet wird, bis er passt, ist demnach sehr ungewöhnlich. Auch dieser Vorfall wirft einen Schatten auf den Einsatz im Hambacher Forst.
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