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Rheinische Post: Kommentar: Sprache, die verfälscht

Düsseldorf (ots)

Man kann nicht viel Kluges sagen nach einer Tat wie in Halle. Demütig sein und den Ernst der Lage deutlich machen - viel mehr erlaubt die Situation nicht. Und doch wird immer wieder zu falschen Worten gegriffen. Etwa wenn CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer von einem "Alarmzeichen" spricht und bemerkenswert instinktlos an der Lage vorbeiredet. Das Stadium der Alarmzeichen ist längst überschritten. Es gibt eine Reihe von Formulierungen, die wir uns dringend abgewöhnen sollten. Warum reden wir von einem "feigen Anschlag"? Wäre ein mutiger Anschlag, erhobenen Hauptes und im Angesicht der Gefahr, akzeptabler? Außerdem ist Terror nicht das Ergebnis schwacher Charakterzüge, sondern eines menschenverachtenden Weltbildes. Ebenso darf das Narrativ der Täter nicht übernommen werden, indem von "Fremdenhass" gesprochen wird. Deutsche Juden sind ebenso wenig Fremde wie türkischstämmige Imbissbesitzer. Sie sind Teil dieser Gesellschaft. Und "unvorstellbar" war die Tat auch nicht: Bei mehr als 1150 rechts motivierten Gewalttaten im vergangenen Jahr muss man blind, taub oder ignorant sein, um sich den Anschlag von Halle nicht vorstellen zu können. Das ist Hohn in den Ohren derer, die seit Jahren vor wachsendem Antisemitismus und Rassismus warnen, und erst recht derer, die nicht den Luxus haben, zur Mehrheitsgesellschaft zu gehören, und am eigenen Leib erfahren, wie sich ein Rechtsruck anfühlt. Rechtsextremismus ist kein verstaubtes Überbleibsel aus der NS-Zeit, das ein paar Nazis zwei Mal im Jahr auf rechten Konzerten ausleben. Rechtsextremismus blüht und gedeiht, wächst und vernetzt sich in allen Ecken Deutschlands und der Welt. Dass das immer noch mit Nachdruck gesagt werden muss, damit man gehört wird, ist die eigentliche Schande.

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