Rheinische Post: Kommentar: Totalversagen auf allen Ebenen // Von Kristina Dunz
Düsseldorf (ots)
Die Türkei, ein Nato-Partner, lässt Truppen in Nordsyrien einmarschieren, wo ein Funke reicht, um einen Flächenbrand weit über die Region hinaus anzuzünden. Die USA lassen die Kurden, die dort ihre Verbündeten im Kampf gegen den IS waren, im Stich und ziehen ab. Immerhin droht Präsident Trump Ankara mit saftigen Wirtschaftssanktionen. Dazu kann sich wiederum die EU nicht durchringen - auch Deutschland nicht. Nicht einmal auf ein Waffenembargo können sich die EU-Partner einigen. Und auch Berlin erteilt erst einmal nur keine neuen Rüstungsexportgenehmigungen. Nato-Generalsekretär Stoltenberg warnt unterdessen vor einer Isolierung der Türkei. Totalversagen auf allen Ebenen.
Das Vertrauen in das große, angeblich doch auf Frieden ausgerichtete Militärbündnis und in die westliche Wertegemeinschaft EU wird weiter erschüttert. Die türkische Militärintervention und ihre dramatischen Folgen schnüren einem die Kehle zu. Zivilisten fliehen in Massen. Männer, Frauen, Kinder. Tod und Vertreibung im Namen eines Nato-Partners. Und dessen Verbündete schauen zu. Wenn sie nicht aufwachen, hängen sie mit drin. Die Beistandspflicht in Artikel 5 des Nato-Vertrags ist klar: Wird ein Nato-Staat angegriffen, gilt das als Angriff auf alle. Syrische Truppen können bald türkischen Soldaten auf syrischem Gebiet gegenüberstehen. Was macht der Nato-Generalsekretär dann? Weiter um Verständnis für die Türkei werben?
Dass sich ein EU-Beitritt der Türkei unter einem Autokraten wie Erdogan erledigt hat, ist sowieso klar. Beschädigt er auch noch die Nato, weil er deren Werte missachtet, müsste auch das Konsequenzen haben. Hoffentlich sind die dafür Verantwortlichen nicht zu schwach. Im Moment sieht es leider danach aus.
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