Rheinische Post: Verzweifelt gesucht ...
Düsseldorf (ots)
von Gregor Mayntz
Nicht nur in ihrem Habitus wurden sich Helmut Kohl und Gerhard Schröder im Laufe ihrer Kanzlerschaft immer ähnlicher. Auch in einem entscheidenden Punkt haben sie gleichermaßen versagt: Sie verloren ihre Kronprinzen aus dem Blick. Kohl zögerte zu lange mit dem Generationenwechsel, Schröder setzte zu früh alles auf eine Karte. Die Wehmut in der Traditionspartei SPD dürfte selten größer gewesen sein. Lange zurück liegen die Zeiten, in denen die Partei aus dem Vollen schöpfen konnte. Bereits profilierte Talente im Bundeskabinett und unter den SPD-Ministerpräsidenten bildeten eine stete Option auf Erneuerung. Schröder hat bis zuletzt versäumt, dass Nachwuchs in der Regierung Qualitäten nachweisen konnte und mit den Wahlniederlagen in den Ländern schwand die Gelegenheit, wenigstens auf dieser Ebene Top-Verantwortung einüben und vorweisen zu können. Das Versäumnis rächt sich jetzt: Zwar hat die SPD acht Ministerposten in Berlin erobert einschließlich einer attraktiven Warmlaufposition für einen künftigen Kanzlerkandidaten im Auswärtigen Amt als Vizekanzler. Doch fehlende Kronprinzen-Vorsorge ließ den Eindruck entstehen: Vizekanzler verzweifelt gesucht. Das Gewürge will Parteichef Franz Müntefering heute beenden. Doch es sieht danach aus, als werde das Personalangebot der SPD nur einen ersten Versuch darstellen. Fortsetzung folgt.
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