Rheinische Post: Merkels Chance
Düsseldorf (ots)
Von Thomas Wels
Vielleicht musste ja wirklich erst ein Regierungschef aus Ostdeutschland kommen, um die Bedeutung des Mittelstands in all seinen Leistungen zu erfassen. Die kleinen und mittleren Familienbetriebe sind mehr als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, sie sind auch mehr als die letzten verbliebenen Beschaffer von Arbeitsplätzen in Zeiten, in denen die internationalen Konzerne Deutschland den Rücken kehren. Sie sind Kultur. Angela Merkel, der zuweilen in der bürgerlichen Union die Bürgerlichkeit abgesprochen wird, hat hier einen echten Platzvorteil. Sie hat die Verheerungen der diktatorischen Planwirtschaft mit ihren gigantischen, zentral gesteuerten Kombinaten erlebt. Und sie weiß um die gesellschaftliche Bedeutung, die Familienbetriebe und Personengesellschaften für die Freiheit, die Verantwortung für Mitarbeiter und letztlich die Stabilität der Gesellschaft haben. Das ist ein immens wichtiger Wechsel in der Wahrnehmung. Schröder, der Genosse der Bosse, war immer der Volkswagen-Kanzler, ein Regierungschef der Deutschland AG. Die Nähe der Sozialdemokraten zu gewerkschaftsgesteuerten Konzernen ist lange gewachsen. Mit Merkel ist das anders. Das ist eine Chance für sie, vor allem eine für Deutschland.
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