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Wie beeinflusst die Ideologie und Lobbynähe von US-Politikern die Rechnungslegung von Unternehmen?

Wie beeinflusst die Ideologie und Lobbynähe von US-Politikern die Rechnungslegung von Unternehmen?

In einer neuen Studie haben Mannheimer Forscher die Einflussnahme von US-Kongressabgeordneten auf die Regulierung der Rechnungslegung untersucht. Das Team unter der Leitung von Prof. Jannis Bischof am Sonderforschungsbereich "Accounting for Transparency" fand heraus, dass ideologisch motivierte Kongressabgeordnete sich an der Ausgestaltung von Rechnungslegung meist nur dann beteiligen, wenn wichtige Wirtschaftsthemen im Fokus der Medien stehen. Abgeordnete, die starke Verbindungen zu Lobbygruppen aufweisen, bringen sich dagegen kontinuierlich ein.

Im September 2008 ging die Investmentbank Lehman Brothers pleite. Wenige Tage danach kündigte die US-Regierung ein Rettungspaket für die Finanzbranche in Höhe von fast 800 Milliarden Dollar an - begleitet von einer politischen Debatte, ob das Geld nicht doch lieber in Renten, Schulen oder den Gesundheitssektor fließen sollte. Die Diskussionen wurden in der Öffentlichkeit wie im amerikanischen Kongress kontrovers ausgetragen: Während konservative republikanische Abgeordnete sich mehrheitlich gegen die Bankenrettung ausgesprochen haben, waren viele Demokraten dafür.

Stark links oder rechts orientierte Kongressabgeordnete mischen sich jedoch nicht durchgängig in die Spielregeln der Finanzindustrie ein. Sobald das Interesse der Medien und der breiten Öffentlichkeit an einem Thema schwindet, sinkt auch ihre Bereitschaft, sich mit den technischen Aspekten der Finanzindustrie - wie der Rechnungslegung - auseinanderzusetzen. Das fanden die Mannheimer BWL-Forscher Prof. Jannis Bischof und Prof. Holger Daske in ihrer neuesten Studie heraus.

In der Studie stellten Bischof und Daske fest, dass sich Kongressabgeordnete in den USA grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilen lassen: Die Gruppe der ideologisch motivierten Abgeordneten äußert sich nur sporadisch zum Regelwerk der Rechnungslegung und hat dabei vor allem die wirtschaftlichen Konsequenzen, allen voran große verteilungspolitische Aspekte, im Blick. Zu solch kontrovers diskutierten Themen gehört neben der Bankenrettung auch die Frage, ob man Managergehälter beschränken sollte.

Die andere Abgeordneten-Gruppe bringt sich dagegen kontinuierlicher ein und nimmt stärkeren Einfluss auf die technische Ausgestaltung der Vorschriften. In ihrer Argumentation gehen diese Abgeordneten weniger auf die wirtschaftlichen Konsequenzen der Regulierung ein und beschäftigen sich vielmehr mit technischen Faktoren wie der Volatilität, die die Aussagekraft und Prognosefähigkeit des Gewinns betrifft. Genau diese Abgeordneten-Gruppe weist jedoch starke Verbindungen zu wirtschaftlichen Lobbygruppen auf.

"Unsere Studienergebnisse belegen, dass wirtschaftliche Interessengruppen in den USA durchaus in der Lage sind, abseits der Medienöffentlichkeit Einfluss auf die technische Regulierung zu nehmen und dadurch handfeste ökonomische Eigeninteressen durchzusetzen", fasst der Studienleiter Bischof zusammen. "Das ist kritisch zu beurteilen."

Für ihre Studie haben die Forscher die öffentlichen Stellungnahmen aller 435 Abgeordneten des US-amerikanischen Kongress zu Themen rund um Regulierung analysiert - darunter ihre Fernseh- und Radiointerviews, Pressemitteilungen und Redebeiträge im Kongress. "Die Datenlage in den USA ist sehr gut und das amerikanische System ist vergleichsweise vorbildlich darin, wie transparent über finanzielle Verbindungen berichtet wird", begründet der BWL-Experte. Auch wenn in Europa vieles hinter verschlossenen Türen abläuft, sei davon auszugehen, dass solche Verbindungen zu Lobbyinteressen auch im europäischen Setting bestehen, so Bischof.

Ein Foto von Prof. Bischof finden Sie unter: https://www.uni-mannheim.de/newsroom/presse/pressefotos/

Originalpublikation:

Jannis Bischof, Holger Daske, and Christoph J. Sextroh: Why do politicians intervene in accounting regulation? The role of ideology and special interests. Journal of Accounting Research (2020). https://doi.org/10.1111/1475-679X.12300.

Zum SFB Transregio Accounting for Transparency

Der TRR 266 Accounting for Transparency ist ein überregionaler Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) der Universität Paderborn, der Humboldt-Universität Berlin und der Universität Mannheim sowie Forschenden von fünf weiteren Universitäten. Mit dem Projekt hat die DFG im Mai 2019 erstmalig einen Sonderforschungsbereich mit einem reinen BWL-Schwerpunkt bewilligt. Das Team von mehr als 80 Forscherinnen und Forschern untersucht, wie Rechnungswesen und Besteuerung die Transparenz von Unternehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unternehmenstransparenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Ziel ist es, eine wirksame Regulierung für Unternehmenstransparenz und ein transparentes Steuersystem zu entwickeln. Mehr Informationen zum Projekt: www.accounting-for-transparency.de

Kontakt:

Prof. Dr. Jannis Bischof
Lehrstuhl für ABWL und Unternehmensrechnung
Universität Mannheim
Tel.  +49 621 181-1629 
E-Mail:  jbischof@uni-mannheim.de
Yvonne Kaul
Forschungskommunikation
Universität Mannheim
Tel.: +49 621 181-1266
 E-Mail:  kaul@uni-mannheim.de 
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